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Privatinitiativen für Ausländerfreundlichkeit

■ Etwa 25 Unternehmen sind dem Aufruf von Christine Bergmann gefolgt, Zeichen der Solidarität gegen die zunehmende Ausländerfeindlichkeit zu setzen/ Ein neugegründeter Verein koordiniert weitere Ideen/ Verkaufsaktion am Freitag

Berlin. Im Kartenverkaufsraum der Schaubühne am Lehniner Platz hängt seit kurzem ein großes Plakat mit einem Text von Platon. »Die Verpflichtungen gegen die Gastfreunde muß man für unverbrüchlich heilig halten... Wer also auch nur ein Fünkchen vorschauender Klugheit in sich hat, der hütet sich bis ans Ende seines Lebens sorglich vor jedem Vergehen gegen Fremde«, so der griechische Philosoph. »Auf einer Ensemble- Versammlung im Oktober hatten wir überlegt, wie wir auf die Welle von Gewalt und Haß gegen Ausländer reagieren können«, sagt der Schauspieler Reiner Philippi. Neben einer geplanten Reihe von literarischen Veranstaltungen zu dem Thema haben die SchauspielerInnen eine Patenschaft für ein Asylbewerber- Wohnheim in Wilmersdorf übernommen. Mit einem gemeinsamen Kaffeetrinken und einer Nikolausfeier begannen die Kontakte. »Jetzt sollen diese Menschen jederzeit bei uns anrufen können, wenn sie sich bedroht fühlen oder Probleme haben.«

Das Ensemble folgte damit dem Aufruf der Stellvertretenden Bürgermeisterin Christine Bergmann, die im Oktober dazu aufrief, Patenschaften für AsylberwerberInnenheime in Berlin zu übernehmen. Damit sollte der Gewalt gegen Ausländer ein Zeichen der Solidarität entgegengesetzt werden. »Wir wollen nicht nur, daß die ohnehin verantwortlichen Behörden handeln, sondern für jeden gibt es einen Bereich, in dem er aktiv werden kann«, sagte Christine Bergmann. Und sie hatte Erfolg, denn inzwischen beteiligen sich etwa 25 unterschiedliche Unternehmen und Projekte an ihrer Initiative.

So auch das Heimatmuseum Neukölln. »Wir wollen uns um Menschen kümmern, die ihre Heimat verloren haben«, sagt Museumsleiter Udo Gößwald. Nachdem das Museum zehn Familien eines Britzer Wohnheims in die derzeitige Ausstellung »Erinnerungszeichen« eingeladen habe, plane es eine weitere mit Erinnerungsstücken der AusländerInnen an ihre alte Heimat.

Die Zimmer eines Wohnheims am Stuttgarter Platz möchte die »Berliner Zimmer Design Agentur« verschönern. Durch Landpartien in die Schorfheide oder Kinobesuche soll auch der Alltag für die BewohnerInnen erträglicher gemacht werden. Um die geplanten Aktionen zu finanzieren, werden kommenden Freitag um 17 Uhr in der Klausewitzstraße 1 Design-Prototypen versteigert. Die Moderation der Auktion wird Georgia Tornow, ehemalige Redaktionsleiterin der taz, übernehmen. Der Geschäftsführer Kai Moslé rechnet mit mindestens 20.000 Mark Einnahmen für den Verkauf von Objekten namhafter DesignerInnen wie u.a. Andreas Brandolini.

Der Fahrrad-Kurierdienst messeger verzichtet in diesem Jahr auf Weihnachtsgeschenke für seine etwa 2.500 Kunden und ruft diese dazu auf, Geld auf das Sonderkonto »Ausländerfreundlichkeit« (Postgiro Berlin 150-100) einzuzahlen. »Wir könnten mit dem Geld natürlich drei Parkbänke für ein Wohnheim spendieren«, sagt Joachim Beier. »Wir wollten aber eine Bewegung in Gang setzen, die über Weihnachten hinausreicht.« Das Geld dient nun als Anschubfinanzierung für das Büro des gerade gegründeten Vereins »Angekommen. Verein für Freundschaft mit Ausländern«. Hier sollen weitere Ideen und Initiativen und auch möglicherweise deren Finanzierung koordiniert werden. Das Büro ist dienstags und donnerstags von 12 bis 16 Uhr unter Telefon 34762209 (W) oder 23932209 (O) zu erreichen. cor

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