piwik no script img

Privater Schusswaffenbesitz in DeutschlandZentrales Register ist geplant

Schätzungsweise 10 Millionen legale und 20 Millionen illegale Schusswaffen sind in Deutschland in privater Hand. Legale Besitzer sind noch nicht zentral registriert.

Deutsches Waffengesetz: Besitzer müssen zuverlässig und persönlich geeignet sein. Bild: dpa

FREIBURG taz | Die meisten Waffenbesitzer sind friedliche Leute. Doch immer wieder werden legale Waffen für Gewalttaten genutzt – entweder vom Eigentümer selbst oder von anderen Personen, die so Zugang zu Waffen bekommen.

Der 17-jährige Amokläufer von Winnenden tötete zum Beispiel 15 Menschen und dann sich selbst mit der Beretta-Pistole seines Vaters, eines Sportschützen. Dieser hatte die Waffe nicht wie vorgeschrieben in einem Tresor, sondern im Schlafzimmer aufbewahrt.

In Deutschland gibt es nach Schätzungen der ARD-Dokumentation „Deutschland unter Waffen?“ rund 10 Millionen legale Schusswaffen, die rund dreieinhalb Millionen Eigentümern gehören. Darunter sind etwa 400.000 Jäger, 300.000 Sammler, 900.000 Erben und Altbesitzer sowie 2 Millionen Traditions- und Sportschützen. Die Polizei in Bund und Ländern verfügt dagegen nur über 350.000 Schusswaffen.

Im Jahr 2008 wurden nach ARD-Angaben 161 Menschen durch private Schusswaffen getötet, über 1.000 wurden verletzt. Dabei werden allerdings in der Regel nicht legale Waffen benutzt. In Deutschland gibt es nämlich auch geschätzte 20 Millionen illegale Schusswaffen. Das sind zum Beispiel Waffen, die aus Ländern, wo der Zugang zu Waffen einfach ist, nach Deutschland geschmuggelt wurden.

Drei Viertel aller Delikte mit frei verkäuflichen Waffen

Immer wieder werden aber auch legale Waffen gestohlen, zum Beispiel aus den Räumen von Schützenvereinen. Auch der Täter von Karlsruhe hatte nach Polizeiangaben keine Erlaubnis für sein Waffenarsenal. Bei ihm seien zwei Pistolen, ein Schrotgewehr, ein Gewehr mit langem Magazin, eine Übungshandgrante und reichlich Munition gefunden worden. Die Herkunft der Waffen sei noch unklar.

Drei Viertel aller Waffendelikte, so ARD-Autor Lutz Hoffmann, werden mit freiverkäuflichen Waffen verübt, also mit Gas-, Schreckschuss- und Luftdruckpistolen- und -gewehren. Zum Teil wurden diese gezielt umgebaut, um auch scharfe Munition benutzen zu können. Wie viele legale Schusswaffen derzeit in Deutschland von Privatpersonen gehalten werden, ist unbekannt.

Ein zentrales Waffenregister soll erst Ende des Jahres 2012 eingerichtet werden. Dies geht auf eine Initiative der EU zurück. Bisher sind die legalen Waffen nur dezentral bei 577 lokalen und nicht vernetzten Behörden registriert. Eine legale Waffe darf laut Waffengesetz nur besitzen, wer zuverlässig und persönlich geeignet ist und ein Bedürfnis nachweisen kann.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

13 Kommentare

 / 
  • I
    Ich

    3.1.13

    Nun haben wir das ZWR.

     

    Zitat Taz:

    "Schätzungsweise 10 Millionen legale und 20 Millionen illegale Schusswaffen sind in Deutschland in privater Hand"

     

    Es sind ca. 5,5 Millionen!

     

    Zitat Taz:

     

    " Darunter sind etwa 400.000 Jäger, 300.000 Sammler, 900.000 Erben und Altbesitzer sowie 2 Millionen Traditions- und Sportschützen."

     

    Auch das ist nun gesichert, es sind ingesamt ca 1,4 Milionen Personen die legale erlaubnissplichtige Waffen besitzen.

     

    Das zum allgemeinen Denkanstoss für Jurnalisten der TAZ, lag die Punklandung der Schätzung doch nur um das 2,71- Fache daneben!

  • Z
    zombie1969

    Dieses Waffenregister löst lediglich schallendes Gelächter aus, zumindest bei den Kriminellen. Immerhin hat man den unbescholtenen Bürger voll unter Kontrolle, wo käme man denn sonst noch hin.

    Aufgrund der vielen Messeropfer und der vielen halb oder ganz zu Tode getretenen Menschen, empfiehlt es sich dringenst, noch ein Schuh- und Messerregister einzurichten.

  • K
    Karl

    @ weiße Rose,

     

    lass doch Herrn Raht auch noch mal darlegen das "20 Mio. illegale Waffen" eher eine freundliche Schätzung aus der Vergangenheit ist.

     

    Seit der Wende dürfte diese Zahl wohl bei ca. 30 mio liegen, zusätzlich bereichert um jede Menge Kampfmittel von der Panzerfaust bis zur Handgranate!

     

    Was hier ein Bundesregister bewirken soll, bleibt unerfindlich. Eine Regelung auf Länderebene dagegen wäre höchst zweckmäßig, da Polizei ja Ländersache.

     

    Glück auf!

     

    Karl

  • WR
    Weiße Rose

    Das ist ja außerordentlich beruhigend!

    Warum machen wir es nicht gleich so, wie bei unserem großen Vorbild - den USA?

    Dort gilt: Freies Ballern für freie Bürger!

  • LK
    Lukas Keller

    Ein für die TAZ doch sehr objektiver Bericht.

  • M
    mörff

    Wer gegen diese privaten Arsenale vorgehen will, muss gegen die Lobby vorgehen. Anbei sei folgender Artikel empfohlen:

    http://www.zeit.de/2012/18/Waffenlobby/

  • K
    kante77

    Hallo Herr Rath,

     

    wenn Gas-/Schreckschuss-/ oder Luftdruckwaffen umgebaut werden, sind sie NICHT legal!!!

  • B
    B_Krainz

    95% der Tötungsdelikte mit Tatmittel "Schusswaffe" geschehen mit illegal besessenen Waffen.

     

    Diese Verbrechen verschwinden aber sehr schnell wieder aus den Massenmedien, falls sie überhaupt den Weg dort hin gefunden haben.

     

    Wenn man sich dagegen den regelrechten Hype nach dem Nicht-"Amoklauf" von Memmingen anguckt mit den folgenden Sonderseiten und "Thema der Woche" und schlauen "Expertenkommentaren" allenthalben kommt man schon ins Grübeln.

     

    Warum wird "Memmingen" oder "Lörrach I" wochenlang am Kochen gehalten, Massenmorde mit illegalen Waffen aber bestenfalls gelangweilt zur Kenntnis genommen?

     

    Und warum muss man auch beim ungefähr 500. Opfer einer illegalen Schusswaffe seit "Winnenden" genau dieses Ereignis wieder bemühen und den Bogen zu den legalen Waffenbesitzern schlagen, obwohl diese bzw. ihre Waffen kaum Deliktsrelevanz besitzen?

     

    Warum diskutiert man nicht endlich einmal darüber, wie man das eigentliche Problem, nämlich den illegalen Waffenbesitz außerhalb jeder staatlichen Kontrolle mitsamt des daraus resultierenden, enormen Missbrauchsrisikos eindämmen kann?

  • M
    Michael

    "Legale Besitzer sind noch nicht zentral registriert." - finde ich nicht so schlimm da ja wenigstens die illegalen Besitzer registriert sind.

  • V
    vic

    Menschen sind zuweilen illegal, Waffen nicht...

  • D
    Demokrat

    30 Mio. (10 legal und 20 Mio illegal, wer weuss das schon so genau) vs. 350.000 Handwaffen bei der Polizei sind eigentlich ganz beruhigen, oder nicht?

  • K
    Karl

    Ähm,

     

    der letzte Satz dürfte nochmal überarbeitet werden, da bisher eine Erlaubnis für "illegale Waffen" nach meinem Kenntnisstand nicht erteilt wird; von wem auch?

     

    Glück auf!

     

    Karl

  • Z
    Ziza

    1984 rückt immer näher! Bald haben wir die totale Überwachung in Deutschland, und die Bevölkerung klatscht bestimmt auch noch dazu.