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Privat putzen ist billiger

■ Bund der Steuerzahler: Trend zur Privatisierung kommunaler Leistungen

Die Gemeinden in Niedersachsen und Bremen stehen nach einer Umfrage des Bundes der Steuerzahler (BdSt) vor einer Privatisierungswelle kommunaler Leistungen. 299 befragte Gemeinden in beiden Bundesländern wollen künftig insgesamt 1 001 Aufgaben Privaten übertragen, teilte der BdSt Niedersachsen und Bremen in Hannover mit. Dagegen sollen nur 115 Aufgaben Privaten entzogen und wieder in kommunale Regie übergehen.

Gebäudereinigung und Grünflächenpflege steht an der Spitze der Änderungswünsche. 117 der 299 befragten Gemeinden wollen diese Leistungen von kommerziellen Unternehmen erledigen lassen. In 88 Rathäusern trägt man sich mit dem Gedanken, die Abwasserreinigung in Auftrag zu geben. 68 Kommunen wollen am liebsten ihre Schwimmbäder an Private loswerden. Immerhin noch 63 Gemeinden wollen die Fensterreinigung nicht mehr von eigenen Mitarbeitern erledigen lassen.

Den häufigsten Wunsch nach Rückführung von Aufgaben in kommunale Hände wurde mit 14 Kommunen bei Kindereinrichtungen gezählt. Nach der Umfrage ist die Stadt Georgsmarienhütte gefolgt von Belm und Hilter (alle Kreis Osnabrück) am „privatisierungsfreudigsten“. Die geringste Begeisterung dafür können dagegen Göttingen, Wolfsburg und Buxtehude (Kreis Stade) aufbringen.

Gegenwärtig ist der BdSt-Umfrage zufolge der Privatisierungsgrad bei der Wartung von Straßenlaternen mit über 68 Prozent der 299 befragten Gemeinden am größten. Rund 67 Prozent der Verwaltungen lassen Vermessungsarbeiten von Privaten erledigt. Fest in der Hand kommunaler Mitarbeiter ist dagegen die Verwaltung von Liegenschaften. Fast 90 Prozent der befragten Rathäuser vertrauen hier offenbar lieber auf die eigenen Leute. Auch die Abwasserreinigung haben rund 80 Prozent der Gemeinden ihren eigenen Angestellten überlassen.

Ursache für den Drang, Aufgaben freien Unternehmern zu übertragen, ist nach Angaben des BdSt die angespannte Lage der kommunalen Finanzen. Angesichts leerer Kassen suchten Ratsmänner und -frauen nach billigen Alternativen bei der Wahrnehmung kommunaler Aufgaben. Der Hauptgeschäftsführer der Niedersächsischen Städtetags, Eckehart Peil, bestätigte die Sparbemühungen: „Die Finanznot zwingt uns zu überlegen, von welchen Aufgaben wir uns trennen können.“

Der BdSt rät allgemein, kommunale Leistungen verstärkt privaten Unternehmern zu übertragen, um Kosten zu senken. Die Möglichkeiten seien bei weitem noch nicht ausgeschöpft. Peil dagegen warnt davor, alles Privatleuten zu übertragen. So sollte etwa die Abwasserreinigung wegen der damit verbundenen Risiken bei der Kommune verbleiben. Natürlich gebe es auch Aufgaben, die Gemeinmden lieber heute als morgen abgeben wollten: „Wieviele Kommunen würden gerne ihre teuren Schwimmbäder loswerden!“ dpa

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