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Pressefreiheit in der Türkei525 Jahre Haft gefordert

Der türkische Staat möchte einen Kurden zu einer Rekordstrafe von 525 Jahren verurteilen, weil er Begriffe wie "Kurdistan" und "Guerilla" verwendet hat.

Eine Ausgabe der kurdischsprachigen Tageszeitung Azadiya Welat. Bild: reuters

Für 525 Jahre soll der kurdische Journalist Vedat Kursun ins Gefängnis. Die Staatsanwaltschaft im osttürkischen Diyarbakir wirft ihm vor, als Chefredakteur der kurdischsprachigen Tageszeitung Azadiya Welat ("Die Freiheit des Vaterlandes") Propaganda für die PKK betrieben zu haben.

In der Anklageschrift sind 103 Ausgaben von Azadiya Welat aus den Jahren 2007 und 2008 aufgeführt. Bereits die Nennung der Begriffe "Kurdistan" und "Guerilla" soll nach Ansicht der Justiz gegen das türkische Antiterror-Recht verstoßen. Auch die Bezeichnung des PKK-Gründers Abdullah Öcalan als "Anführer der Kurden", die Verbreitung von Erklärungen führenden PKKler oder Traueranzeigen für gefallene kurdische Kämpfer sind Gegenstand der Anklage.

Seit Januar 2009 sitzt der 34-jährige gelernte Fernsehtechniker in Untersuchungshaft. Am Donnerstag beriet der Hohe Strafgerichtshof in Diyarbakir zum vierten Mal über seinen Fall. Der Staatsanwalt hatte neben den Richtern an deren Tisch Platz genommen, Kursun selbst durfte jedoch nicht bei seinen Anwälten sitzen. Von zwei Soldaten bewacht konnte er in der gegenüberliegenden Ecke des Saales verfolgen, wie das Gericht nach nur wenigen Minuten den Fortgang der Verhandlung auf den 6. Mai vertagte. Dann soll ein Urteil fallen.

Azadiya Welat ist die einzige Tageszeitung in der Türkei, die in kurdischer Sprache erscheint. Nach Angaben des derzeitigen Chefredakteurs Eser Ugansiz erreicht sie eine Auflage von 15.000 Exemplaren, die in der Osttürkei und den großen Städten des Westens auf der Straße verkauft werden. Für den Vertrieb am Kiosk ist die Auflage zu gering.

Wie praktisch jedes kurdische Medium betrachtet der türkische Staat die Zeitung vor allem als Sprachrohr der PKK. "Wir sind nur ein Sprachrohr des kurdischen Volkes", sagt Ugansiz dazu. Mit Anklagen wie der gegen Kursun wolle die Regierung die Kurden zwingen, "ihre Sprachmuster zu übernehmen. Aber wir lassen uns nicht vorschreiben, wie wir zu sprechen haben."

Seitdem die Zeitung 2006 begann täglich zu erscheinen, wurde sie fünfmal für bis zu einen Monat geschlossen. Der Vorwurf war stets der gleiche: "Werbung für eine verbotene Organisation". Ugansiz ist der fünfte Chefredakteur. Der erste floh nach einer Verurteilung in die Schweiz. Seine Nachfolgerin Emire Demir ist wegen Propagandadelikten in 80 Fällen angeklagt. Noch läuft das Verfahren, Demir ist auf freiem Fuß. Ugansiz Vorgänger, Ozan Kilinc, produzierte im Juni 2009 nur zwölf Ausgaben von Azadiya Welat. Er wurde am 9. Februar dieses Jahres zu 21 Jahren Haft verurteilt und sitzt im Gefängnis.

Der im Gefängnis an Hepatitis erkrankte Journalist Kursun hat zwei Jahre für die kurdische Nachrichtenagentur Diha gearbeitet, bevor er 2007 zu Azadiya Welat kam. Als der Journalist 2009 versuchte nach Europa zu fliehen, wurde er am Flughafen von Istanbul verhaftet. Sein Nachfolger hat für ihn wenig Hoffnung. "Der wird nicht wieder freikommen", fürchtet Ugansiz. Im Moment sei die Lage für kurdische Publizisten "so schlimm wie noch nie". Fast jeder veröffentlichte Artikel und und jedes Foto werde als Straftat gewertet. "Deshalb sind wir gezwungen, die Verantwortlichen der Zeitung ständig auszutauschen", sagt Ugansiz. Dennoch wolle die Redaktion auch dann "genauso weitermachen wie bisher", wenn Kursun tatsächlich zu der Rekordstrafe verurteilt wird.

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5 Kommentare

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  • K
    Kadir

    Lieber Herr Eckhardt Kiwitt,

     

    wie würden Sie sich fühlen, wenn die Bayern sagen könnte, dass die ihre eigenen Staat haben wollen? Oder warum hat sich BRD mit DDR wiedervereinigt?

     

    Grüße

  • K
    Klassiker

    Wenn ich so etwas wieder lese: "Sprachrohr der Kurden" oder so wie sich Al-Kaida heraus nimmt Sprachrohr der Muslime zu sein.

     

    Welche Kurden? Ich würde eher sagen der totalitären PKK.

    Die PKK mit ihrer national-faschistischen Ideologie und Menchenverachtung gehört geächtet und bekämpft.

    Diese PKK hat bis dato zu keiner einzigen Lösung der Bedürfnisse und Wünsche des kurdischen Volkes beigetragen.

    Mehr noch, ihre Anführer und Anhänger sind lupenreine Anti-Demokraten und sie wollen kein Miteinander der verschiedenen Ethnien in der Türkei, sondern ein faschistisches homogenes Kurdistan auf Kosten der anderen, in ihren Augen "fremden Völker".

  • R
    rolfmueller

    Die Weltgemeinschaft hält die türkische Regierung und die türkische Armee für nicht reif genug, dass die Kurden in einem souveränen Staat leben können.

     

    Leider schützt das Völkerrecht keine Völker, sondern nur existierende Staaten. Und diese unter allen Umständen im Inneren, selbst bei Vertreibung und Völkermord.

  • W
    welat

    jetzt mal abgesehen von der "Straftat" aber das ist schon erbärmlich. 525 Jahre was hat sich der Statsanwalt gedacht der Typ ist doch nicht Gandalf. Der einzige zweck dieser verurteilung soll sein der Ihr Kurden könnt leben aber nach unseren Regeln. Wir Kurden lassen uns nicht von jemanden Unterkriegen ich möchte keine Propagande betreiben das meine Radikale Meinung zum solchen Radikalen Verurteilungen. In jeden Demokratischen land bekommt man maximal wenn es überhaupt eine Straftat ist 1,2 Jahre oder Berufsverbot. Was mich aber am meisten Ärgert das die Europäer tatenlos so sehen. Kinder im alter von 11 oder 12 Jahre werden für 7,8,9 Jahre ins Kerker geworfen weil sie Polizei Fahrzeuge mit steinen beworfen haben. Wenn die Europäer sich nicht in den Angelegenheiten mischen wollen aber für die diese Kinder könnt Ihr doch mal ein Machtwort sprechen. Ich habe gemerkt das die Euroäerische Regierungen nur was machen wenn auch ein Vorteil dabei raus kommt.

    Roj Bas

  • EK
    Eckhardt Kiwitt

    Warum gewährt man den Kurden nicht die staatliche Autonomie mit allen sich daraus ergebenden eigenverantwortlichen Konsequenzen ?

     

    Vielen anderen Völkern gewährt man diese Autonomie schließlich auch.

     

    Hält die Weltgemeinschaft die Kurden nicht für reif genug, in einem souveränen Staat leben zu können und ihre Geschicke in die eigenen Hände zu nehmen ?

     

    Eckhardt Kiwitt, Freising