Pressearbeit der NPD: Reporter zurückrufen und höflich sein
Journalisten sollen beim Stichwort NPD an professionell auftretende Politiker denken - nicht an gewaltbereite Neonazis. So wünscht es sich die Führung.
Berlin taz | Das Strategiepapier muss eine Zumutung sein - zumindest für viele überzeugte Neonazis. "Wir sind im Ton freundlich, bedanken uns für das Interesse an unserer Arbeit und versuchen ggf. Wünsche zu erfüllen", heißt es im 39 Seiten langen Leitfaden der NPD zur Pressearbeit. "Am Telefon melden wir uns mit dem Namen unserer Partei. Wir gehen ans Telefon, wenn jemand anruft. Wenn unser Kontakttelefon nicht zu erreichen ist, dann haben wir zumindest den Anrufbeantworter eingeschaltet und rufen natürlich auch umgehend zurück."
Journalisten zurückrufen und dabei auch noch höflich sein? Und das, obwohl unter Rechtsextremen doch eigentlich Konsens ist, dass die "Schmierfinken" von der "Judenpresse" der letzte Abschaum sind? So wünscht es zumindest die NPD-Parteiführung. Für die Strategen in der Berliner NPD-Zentrale gilt die Devise: Journalisten umgarnen statt verprügeln.
Schließlich ist die Partei auf Medienberichte angewiesen, um zu den Wählern durchzudringen. Und die Reporter sollen beim Stichwort NPD an professionell auftretende Politiker denken - nicht an gewaltbereite Neonazis. Gerade jetzt, da auf allen Kanälen über das rechte Killerkommando aus Jena und seine mutmaßlichen Verbindungen zur NPD berichtet wird.
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Verantwortlich für die Regeln zur Pressearbeit ist Klaus Beier, langjähriger NPD-Sprecher und Parteivorsitzender in Brandenburg. Beier hat selbst vor Jahren dem "Bund Frankenland" in Bayern angehört, einer Neonazi-Kameradschaft, die laut dem bayerischen Verfassungsschutz "die Beseitigung des Grundgesetzes, der parlamentarischen Demokratie und die Schaffung eines ,Vierten Deutschen Reiches nationalistisch-rassistischer Prägung" anstrebte.
Bewusst die Öffentlichkeit suchen
Ideologisch ist er mit den militanten Neonazis auf einer Linie. Dennoch steht er für einen geradezu radikalen Pragmatismus im Umgang mit Journalisten. Dass seine Gesinnungsgenossen am Rande von Parteitagen oder Demonstrationen immer wieder Reporter anpöbeln oder sogar handgreiflich werden, passte Beier nicht ins PR-Konzept. Die Funktionäre der NPD könnten "die geborenen Zulieferer für regionale, aber auch überregionale Medien" sein. Doch dazu müsse seine Partei "die Hinterzimmeratmosphäre" überwinden und "ganz bewusst die Öffentlichkeit" suchen.
Als Pressesprecher hat Beier täglich die offensive Pressestrategie umgesetzt. Die taz konnte auf der Seite eins titeln: "NPD: die Verbrecherpartei" - und ein paar Tage später stand er taz-Journalisten trotz allem wieder höflich Rede und Antwort. Auch sein Nachfolger, der neue NPD-Sprecher Frank Franz, will diese Anbiederungstaktik offenbar fortführen. Gleich in einer seiner ersten Pressemitteilungen versichert er: "Medienvertretern mit vernünftigem journalistischem Anspruch stehen wir gerne Rede und Antwort." Die NPD respektiere Journalisten, die "gewillt sind, objektiv über das zu berichten, was die NPD betrifft".
Das heißt allerdings auch: Für einige, als besonders lästig wahrgenommene Journalisten ist die NPD nicht zu sprechen. Szenekennerinnen wie die freie Journalistin Andrea Röpke bekommen schon mal eine schriftliche Ausladung statt einer Akkreditierung zum Bundesparteitag. Begründung: Sie hätten in der Vergangenheit "im vorauseilenden antifaschistischen Gehorsam die antidemokratischen Phantasien der multikulturalistischen BRD-Obrigkeit Realität werden lassen".
"Leitlinien Feindpresse"
Solche Exempel haben für die NPD-Führung einen nicht zu unterschätzenden positiven Nebeneffekt. Sie besänftigen jene Parteimitglieder, denen die Anbiederung an die "Feindpresse" zu weit geht.
Gerade im militanten Neonazi-Spektrum fordern viele weiterhin einen Boykott der Massenmedien. Die rechtsextreme Zeitschrift Volk in Bewegung hat diese Strategie in zwölf "Leitlinien Feindpresse" zusammengefasst. Der "sogenannten liberalen Presse" wird einiges vorgeworfen. Ihre "Hetzjournalisten" seien "bewusst ausgewählte geistig-seelisch und körperlich minderwertige Menschen".
Jede Zusammenarbeit "mit Institutionen, deren Aufgabe es ist, Volk und Staat in den Ruin zu schreiben", schließe sich daher aus. Pressemitteilungen seien "Munition an den Feind", Pressesprecher nichts anderes als "Verbindungsoffiziere zum Feind".
Obwohl die NPD-Führung seit Jahren versucht, zumindest ihre Mitglieder von diesem Boykott abzubringen, tun sich einige noch schwer mit der offensiven PR-Strategie. Der Potsdamer NPD-Stadtverordnete Marcel Guse zum Beispiel versicherte in einer E-Mail an einen taz-Journalisten, er empfinde "einen unaussprechlichen Ekel, wenn mich volksfeindliche Elemente Ihres Schlages anschreiben". Dann ließ er seinen Gefühlen freien Lauf: "Sie und ihr rotes Käseblatt sind eine Schande für die vielen Generationen unseres Volkes, die vor uns kämpften und starben damit Deutschland leben kann. Ich verachte Sie!"
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