piwik no script img

Pressearbeit der NPDReporter zurückrufen und höflich sein

Journalisten sollen beim Stichwort NPD an professionell auftretende Politiker denken - nicht an gewaltbereite Neonazis. So wünscht es sich die Führung.

NPD-Pressekonfernz mit klarer PR-Strategie: "die Hinterzimmeratmosphäre" überwinden und "ganz bewusst die Öffentlichkeit" suchen. Bild: dpa

Berlin taz | Das Strategiepapier muss eine Zumutung sein - zumindest für viele überzeugte Neonazis. "Wir sind im Ton freundlich, bedanken uns für das Interesse an unserer Arbeit und versuchen ggf. Wünsche zu erfüllen", heißt es im 39 Seiten langen Leitfaden der NPD zur Pressearbeit. "Am Telefon melden wir uns mit dem Namen unserer Partei. Wir gehen ans Telefon, wenn jemand anruft. Wenn unser Kontakttelefon nicht zu erreichen ist, dann haben wir zumindest den Anrufbeantworter eingeschaltet und rufen natürlich auch umgehend zurück."

Journalisten zurückrufen und dabei auch noch höflich sein? Und das, obwohl unter Rechtsextremen doch eigentlich Konsens ist, dass die "Schmierfinken" von der "Judenpresse" der letzte Abschaum sind? So wünscht es zumindest die NPD-Parteiführung. Für die Strategen in der Berliner NPD-Zentrale gilt die Devise: Journalisten umgarnen statt verprügeln.

Schließlich ist die Partei auf Medienberichte angewiesen, um zu den Wählern durchzudringen. Und die Reporter sollen beim Stichwort NPD an professionell auftretende Politiker denken - nicht an gewaltbereite Neonazis. Gerade jetzt, da auf allen Kanälen über das rechte Killerkommando aus Jena und seine mutmaßlichen Verbindungen zur NPD berichtet wird.

Bild: taz

Diese Artikel und wie auch Erfahrungen der taz-Rechercheure Wolf Schmidt und ANdreas Speit lesen Sie in der nächsten sonntaz vom 3./4. Dezember 2011 – ab Sonnabend zusammen mit der taz am Kiosk oder am eKiosk auf taz.de. Die sonntaz kommt auch zu Ihnen nach Hause: per Wochenendabo. Und für Fans und Freunde: facebook.com/sonntaz.

Verantwortlich für die Regeln zur Pressearbeit ist Klaus Beier, langjähriger NPD-Sprecher und Parteivorsitzender in Brandenburg. Beier hat selbst vor Jahren dem "Bund Frankenland" in Bayern angehört, einer Neonazi-Kameradschaft, die laut dem bayerischen Verfassungsschutz "die Beseitigung des Grundgesetzes, der parlamentarischen Demokratie und die Schaffung eines ,Vierten Deutschen Reiches nationalistisch-rassistischer Prägung" anstrebte.

Bewusst die Öffentlichkeit suchen

Ideologisch ist er mit den militanten Neonazis auf einer Linie. Dennoch steht er für einen geradezu radikalen Pragmatismus im Umgang mit Journalisten. Dass seine Gesinnungsgenossen am Rande von Parteitagen oder Demonstrationen immer wieder Reporter anpöbeln oder sogar handgreiflich werden, passte Beier nicht ins PR-Konzept. Die Funktionäre der NPD könnten "die geborenen Zulieferer für regionale, aber auch überregionale Medien" sein. Doch dazu müsse seine Partei "die Hinterzimmeratmosphäre" überwinden und "ganz bewusst die Öffentlichkeit" suchen.

Als Pressesprecher hat Beier täglich die offensive Pressestrategie umgesetzt. Die taz konnte auf der Seite eins titeln: "NPD: die Verbrecherpartei" - und ein paar Tage später stand er taz-Journalisten trotz allem wieder höflich Rede und Antwort. Auch sein Nachfolger, der neue NPD-Sprecher Frank Franz, will diese Anbiederungstaktik offenbar fortführen. Gleich in einer seiner ersten Pressemitteilungen versichert er: "Medienvertretern mit vernünftigem journalistischem Anspruch stehen wir gerne Rede und Antwort." Die NPD respektiere Journalisten, die "gewillt sind, objektiv über das zu berichten, was die NPD betrifft".

Das heißt allerdings auch: Für einige, als besonders lästig wahrgenommene Journalisten ist die NPD nicht zu sprechen. Szenekennerinnen wie die freie Journalistin Andrea Röpke bekommen schon mal eine schriftliche Ausladung statt einer Akkreditierung zum Bundesparteitag. Begründung: Sie hätten in der Vergangenheit "im vorauseilenden antifaschistischen Gehorsam die antidemokratischen Phantasien der multikulturalistischen BRD-Obrigkeit Realität werden lassen".

"Leitlinien Feindpresse"

Solche Exempel haben für die NPD-Führung einen nicht zu unterschätzenden positiven Nebeneffekt. Sie besänftigen jene Parteimitglieder, denen die Anbiederung an die "Feindpresse" zu weit geht.

Gerade im militanten Neonazi-Spektrum fordern viele weiterhin einen Boykott der Massenmedien. Die rechtsextreme Zeitschrift Volk in Bewegung hat diese Strategie in zwölf "Leitlinien Feindpresse" zusammengefasst. Der "sogenannten liberalen Presse" wird einiges vorgeworfen. Ihre "Hetzjournalisten" seien "bewusst ausgewählte geistig-seelisch und körperlich minderwertige Menschen".

Jede Zusammenarbeit "mit Institutionen, deren Aufgabe es ist, Volk und Staat in den Ruin zu schreiben", schließe sich daher aus. Pressemitteilungen seien "Munition an den Feind", Pressesprecher nichts anderes als "Verbindungsoffiziere zum Feind".

Obwohl die NPD-Führung seit Jahren versucht, zumindest ihre Mitglieder von diesem Boykott abzubringen, tun sich einige noch schwer mit der offensiven PR-Strategie. Der Potsdamer NPD-Stadtverordnete Marcel Guse zum Beispiel versicherte in einer E-Mail an einen taz-Journalisten, er empfinde "einen unaussprechlichen Ekel, wenn mich volksfeindliche Elemente Ihres Schlages anschreiben". Dann ließ er seinen Gefühlen freien Lauf: "Sie und ihr rotes Käseblatt sind eine Schande für die vielen Generationen unseres Volkes, die vor uns kämpften und starben damit Deutschland leben kann. Ich verachte Sie!"

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • L
    leser

    Der Artikel ist leider nicht ganz auf dem aktuellen Stand: Marcel Guse ist bereits vor einigen Monaten aus der NPD ausgetreten und hat Ende November auch sein Mandat in der Potsdamer Stadtverordnetenversammlung niedergelegt.

     

    http://www.pnn.de/potsdam/424389/?

    http://www.pnn.de/potsdam/597976/?

  • W
    Wochenende

    Der Beitrag irritiert mich.

     

    Mir fallen ganz spontan drei Dinge ein:

     

    1. Ist es denn der NPD nicht erlaubt die eigene PR-Arbeit zu verbessern bzw. was ist so anstößig, dass auch die NPD versucht sich professionell und positiv über die Medien zu verkaufen?

     

    2. Der Artikel erweckt den Eindruck als würde die NPD jeden Journalisten der es bisher wagte eine Frage zu stellen, verprügeln und auf sonstige Weise bedrohen. Glaubt doch kein Mensch...

     

    3. Dass die NPD dennoch nicht allen Journalisten reden möchte ist doch auch nicht verwunderlich oder? Mal anders gefragt: Welche Partei pflegt denn zu allen journalistischen Ausprägungen ein gleichermaßen enges Verhältnis? Die Linke etwa zur WELT oder FAZ? Die CDU/CSU zum Neuen Deutschland?

  • V
    Verstehenichnicht

    Verstehe jetzt den Sinn dieses Artikels nicht ganz.

     

    Es ist also einer Mitteilung oder eines Artikel angemessen zu erwähnen, dass es auch bei der NPD, als Partei in diesem Lande, so etwas wie PR-Arbeit gibt und man versucht sich nach außen gut zu verkaufen?

     

    Soll ich mich darüber jetzt wundern oder aufregen oder freuen???

     

    Ähnlich sinnvoll wäre, wenn ein Artikel erscheint, dass auch bei NPD und Linkspartei gleichermaßen neben Zucker auch Süßstoff zum Kaffee gereicht wird oder es dort 3-Lagen Toilettenpapier gibt.

     

    Nicht alles was die NPD ist gleich eine Meldung wert. Manchmal frage ich mich, ob gewiße Personen der TAZ-Leserschaft diese tägliche Dosis NPD brauchen???

  • HM
    Herr Meyer

    Uiuiui, dieses Jahr bekommt der Potsdamer NPD-Stadtverordnete Marcel Guse wohl nichts in die Weihnachts-Stiefel, sondern die Rute auf das braune Popöchen, hihihi.

     

    Die Strategie die nun gegenüber der "Feindpresse" gefahren wird, scheint auch schon bei Thorsten Heise angekommen zu sein. Der hat sich ja sogar in seinem Schlösschen mit den roten Spiegel TV-ReporterInnnen zusammengesetzt.

     

    Na ja, wer auf diese biedere Scheiße der Nazis rein fällt, hat eh nur Stroh im Kopf.

     

    Nichts und Niemand wird vergessen!