■ Press-Schlag: Bunte Liga Aachen wird international
Lange Zeit saß Gert Engels für die Aachener CDU im Sportausschuß des Stadtrates. Elf Jahre ist es her, da traf ihn schier der Schlag, denn plötzlich begehrten einige höchst verdächtige und auf dem Gebiete der Leibesertüchtigung vollkommen unbekannte Gestalten Zutritt zu den städtischen Sportstätten. Die Bunte Fußballiga hatte sich gegründet und forderte: „Wir wollen – Platz für unsre Stollen.“
„Nur über meine Leiche“, polterte Engels damals, werde diese Bunte Liga kostenfrei wie herkömmliche gute deutsche Vereine auf heilig städtischem Grund kicken dürfen. In diesem Sommer ist Gert Engels realiter verstorben, und schon bewahrheitet sich seine alte Weissagung. Die Bunte Liga Aachen (mittlerweile trotz aller behördlichen und politischen Abseitsfallen auf über 50 Teams angewachsen) hat den Schatten des mißgünstigen CDU-Politikers abgelegt und ist in die sportpolitische Offensive gegangen. Nach einer Dekade des Ärgers um Spielmöglichkeiten und zusammen weit mehr als 100.000 Mark bezahlten Gebühren haben sich die Freizeitkicker mit anderen gleich benachteiligten Sportlerinnen und Sportlern zusammengetan und gründen heute den Internationalen Sportverein Aachen.
Zusammen mit dem mitgliederstarken marokkanischen Verein der Stadt, der Projektgruppe Kultur und Sport des Aachener Ausländerrats, dem Türkischen Zentrum, dem Iranischen Studentenverein und anderen werden die bunten Internationalisten dann gleich zum mitgliederstärksten Sportverein der Stadt. Und das noch ohne die gerade erst angelaufene Werbung um die vielen Freizeitteams aus anderen Sportarten wie Volley- oder Basketball. Die Mitgliedschaft in Landes- und Stadtsportbund scheint nur noch Formsache, dann endlich müssen Versicherungsschutz gewährleistet, Plätze umsonst vergeben und mit den Jahren die vorfinanzierten 100.000 Mark als Zuschüsse zurückgezahlt werden. Und, heißt es im Gründungsentwurf: „Mitgliederstarke Vereine haben einen größeren Einfluß auf Sportgremien.“ Gut, daß Gert Engels selig das nicht mehr erleben muß.
Politisch korrekt verhalten sich die Teams ohnehin: Die Marokkaner („Noch weniger christlich orientiert als die Bunte Liga“) haben ausdrücklich nichts gegen den Heiligen Vater, der seit fast drei Jahren ehrenhalber bei den Alternativkickern Mitglied ist. Und zum 50. Jahrestag der Befreiung Aachens vom Nazi-Faschismus am 21. Oktober, den die Stadt beschämenderweise fast komplett verschlief, spielte Juventus Senile gegen die Concrete Crocodiles. In der 50. Minute gab es eine 50sekündige Gedenkminute. 50 Sekunden später schossen die erholten Senilen zu Ehren ihres Trikotsponsors, der taz, das 1:0. Bernd Müllender
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