Press-Schlag: Zwei Paar Schuhe
■ Auftakt zur Europaliga im Basketball
Der erste Spieltag der Europaliga im Basketball brachte sogleich eine saftige Niederlage für den Titelverteidiger: Joventut Badalona unterlag dem Nachbarn FC Barcelona mit beschämenden 84:104 Punkten. Ein Resultat, das symptomatisch ist für die derzeitige Lage im europäischen Basketball. Es gibt eine breite Spitze, die relativ stabil ist, aber keinen klaren Favoriten. 12 der 16 Teams, die dieses Jahr die „Europameisterschaft für Vereine“ bestreiten, waren schon im letzten Jahr dabei, neu hinzu kamen lediglich Olimpia Ljubljana, ZSKA Moskau, Scavolini Pesaro und Maccabi Tel Aviv. Der Zerfall Jugoslawiens, dessen Klubs den europäischen Basketball in den achtziger Jahren beherrschten, hat nicht nur die kroatischen und serbischen Spieler in alle Welt verstreut, sondern auch ein gewisses Gleichgewicht hervorgebracht, das Überraschungen wie den Triumph von CSP Limoges 1993 möglich macht.
Das muntere Wechselspiel bei Europas Spitzenteams ging diesmal zu Lasten des von Finanznöten geplagten Champions aus Badalona. Trainer Zeljko Obradovic ging zu Real Madrid, Ferrán Martinez zum FC Barcelona, und auch die Ausländer verließen den Klub, ohne daß adäquater Ersatz besorgt werden konnte. Fast wäre Joventut schon in Runde eins an Broceni Riga gescheitert.
Freie Bahn für den FC Barcelona, sollte man meinen, auch wenn es diesem nicht gelungen ist, den wandelnden Kirchturm Gheorghe Muresan (2,32 m) von den Washington Bullets loszueisen. Mit seinem komplett neuen Ausländertrio Middleton, Ellis und Fisher unterstrich der geldschwere Verein aus der katalanischen Hauptstadt seine Vormacht in Spanien kürzlich durch einen eindrucksvollen Sieg gegen Real Madrid mit seinem litauischen Findling Arvidas Sabonis. Doch vor allem Griechen und Italiener könnten Barcelona spätestens bei den Final Four in Zaragoza (11. bis 13. April 1995) einen Strich durch die Rechnung machen.
Die beharrlichen Versuche von Panathinaikos-Boß Pavlos Giannakopoulos, endlich mal den Spieß umzudrehen und einen leibhaftigen NBA-Star nach Europa zu holen, schlugen zwar fehl – Toni Kukoc und Dominique Wilkins nutzten seine Angebote lediglich für ihr Finanzpoker in den USA – dafür angelte er sich Zarko Paspalj von Olympiakos Piräus. Piräus wiederum mußte den drogenrehabilitierten Roy Tarpley nach Dallas abgeben, fand aber einen Ersatz in dem 35jährigen Eddie Johnson, der bei den Charlotte Hornets spielte, und warb zudem Panathinaikos den Russen Alexander Wolkow ab.
Bei solchen Transfers der gehobenen Art kann Bayer Leverkusen nicht mithalten. Der deutsche Meister präsentierte lediglich 2,16m-Center Sascha Hupmann als Neuzugang und unternimmt den erneuten Anlauf auf das Viertelfinal-Play-off ansonsten mit fast unverändertem Kader. Zum Auftakt kam das in der Bundesliga kaum geforderte Team bei Buckler Bologna gehörig unter die Räder. Hupmann schaffte keinen einzigen Korb, Henning Harnisch kam erst in der Schlußphase zu den meisten seiner 27 Punkte, die Abwehr wirkte oft hilflos und das Endresultat fiel mit 80:94 nur deshalb glimpflich aus, weil sich Bolognas überragender Akteur Predrag Danilovic (36 Punkte) frühzeitig auf die Bank begab.
„Bundesliga und Europaliga sind eben doch zwei ganz veschiedene Paar Schuhe“, mußte Manager Otto Reintjes einmal mehr feststellen, und Bayer- Coach Dirk Bauermann zürnte: „Auf diesem Niveau muß man mit mehr Intensität und Engagement zu Werke gehen.“ Nächste Woche gastiert der FC Barcelona in Leverkusen, die nächste Gelegenheit, zumindest mal einen Fuß in das vermaledeite europäische Schuhwerk zu zwängen. Matti Lieske
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