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■ Press-SchlagWilli will es ganz schnell vergessen

Bremen (taz) – „Wir haben jetzt rund 70 Europapokalspiele gemacht, aber die beiden, die will ich ganz schnell vergessen.“ Im eigenen Stadion verloren, taktische Mißgriffe und katastrophale Schnitzer in der Abwehr, aus dem Cupsieger-Wettbewerb rausgeflogen, doch was Werder-Manager Willi Lemke nach der Pokal-Pleite der Bremer gegen Feyenoord Rotterdam am meisten auf der Seele lag, das war nicht der Fußball. Der Donnerstagabend gehörte ganz der deutsch-holländischen Völkerschlacht.

Das heißt, der ausgebliebenen, denn am Ende hatte die Polizei doch das Schlimmste verhindert. Mehrere Hundertschaften waren im Einsatz. Kein Wunder, die Feyenoord-Hooligans gelten als ausgesprochene Härtetruppe. Vor zwei Wochen hatte der Bürgermeister von Enschede ein Spiel gegen die Rotterdamer abgesagt, weil er nicht genügend Polizisten auftreiben konnte.

Das Problem hatten die Bremer offenbar nicht. Die Bilanz: Mehr als 600 festgenommene Fans (500 aus Holland, 100 Deutsche), eine verwüstete Kneipe, ein zerstörter Zug, ein abgefackeltes Bahnwärterhäuschen. Doch die befürchteten Straßenschlachten hatten nicht stattgefunden, dabei hatten sich vor allem die Holländer so große Mühe gegeben. Schon am Nachmittag war der erste Sonderzug eingetroffen, und die rund 300 Fans hatten sich schon mächtig in Stimmung gebracht. Das Zuginnere war einigermaßen umgestaltet, und nach einem Zwischenstopp in Osnabrück sah das bereits erwähnte Bahnwärterhäuschen nicht mehr aus als wie zuvor.

Ganz clevere wollten sich partout nicht von der Polizei in Empfang nehmen lassen. Kurz vor Erreichen des Bremer Hauptbahnhofs wurde die Notbremse gezogen, und ein paar Fanggrüppchen nahmen den ganz kurzen Weg in die Stadt. Weit kamen sie nicht. 300 Zugfahrer kamen in Polizeigewahrsam, und als die Rotterdamer Kicker gerade 2:1 führten, verließen die Zugfahrer gerade Bremen. Der Großteil der rund 5.000 Gäste war im Buskonvoi angereist. Der wurde von der Autobahn weg zum Stadion gelotst, die Fans durchsucht und in die Westkurve gesperrt. Erst dann durften die Werder-Anhänger in ihre angestammte Gegenkurve. Zum Trost dürfen sie das nächste Heimspiel gegen Stuttgart umsonst angucken. Und sie durften früher nach Hause als die Holländer, deren Fanblock immer noch bebte, als das Spiel schon lange um war. Erst als die Lage rund um das Stadion im Griff war, wurden die Rotterdamer in Richtung Busparkplatz freigelassen. Die prügelwütigen Deutschen hatten umsonst gewartet, gut 100 von ihnen hatte die Polizei eingesackt, als sie versucht hatten, die holländischen Busse mit Steinen anzugreifen. Das Spiel endete 3:4 für die Holländer. J.G.

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