Press-Schlag: Der Kellengott der Watussi
■ Eishockey: Der Düsseldorfer EG droht gegen Krefeld das frühe Aus
Karel Lang, der Goalie des Krefelder EV, drückte seine überschäumende Freude disziplinübergreifend aus. Während seine Kollegen Feldspieler eine herkömmliche Ehrenrunde nach dem wild umkämpften Viertelfinal-5:4 gegen die Düsseldorfer EG absolvierten, legte Lang in voller Torwartmontur eine durchaus elegante Halbpirouette aufs Eis. Daß er dabei trotz guter Haltungsnoten ganz knapp einem Zusammenprall mit dem Torgestänge entging, paßte zum Glück des KEV an diesem Tag. 2:0 steht es – wer zuerst vier Spiele gewonnen hat, ist eine Runde weiter.
Lang, gebürtig aus dem tschechischen Brünn, den sie in Krefeld abwechselnd den „Hexer“ nennen oder auch „Karel (Kellen-)Gott“, war mit kühlen Paraden und atemberaubenden Fanghandreflexen der alles überragende Mann. Nationaltorwart Helmut de Raaf dagegen patzte bei mindestens zwei Toren, darunter dem entscheidenden fünften. Eine goldene Regel des Eishockeysports besagt, daß die Mannschaft mit dem besten Keeper beste Chancen auf den Titel hat. Und Lang weist, laut TV-Eissender Premiere, die beste Saisonstatistik auf.
Wie schon am zwei Tage zuvor (mit Fußballergebnis 1:0) siegte der Emporkömmling aus der Kellenprovinz denkbar knapp mit einem Tor Unterschied. Und mit reichlich Dusel. Viermal ging der KEV in Führung, viermal glichen die ungeliebten Düssis (wie man in Krefeld spottet) postwendend aus. Dann Verlängerung: Da gewinnt, wer das erste Tor schießt – Krefeld hielt sich, nach vielen glücklich überstandenen Düsseldorfer Chancen, an die Regel des Tages und siegte nach 69 Minuten.
Es war über drei Stunden Hockeykrimi der besseren Art. Ein wilder Kampf, manchmal erfrischend unfair mit vielen Strafzeiten und einem überforderten Schiedsrichter Peter Slapke. Der kommt ursprünglich aus Weißwasser und hat aus DDR-Zeiten offenbar bis heute eine strikte Obrigkeitshörigkeit behalten. Mehrfach verteilte er KEV-Strafminuten zeitverzögert auf Düsseldorfer Zuruf; die lächerlichste gegen Kellenmeister Karel Lang, als diesem (in KEV-Überzahl!) ein weiter Schlenzer knapp mißriet und über die Bande hopste: Zwei Minuten wegen Spielverzögerung. Dafür übersah Slapke einen üblen Cross-Check von KEV-Stürmer Greg Evtushevski und während Opfer Pierre Rioux sich das Blut aus dem Gesicht wischte, zwirbelte Evtushevski den Puck zum 4:3 ins DEG-Tor.
Überfordert vom hektischen Geschehen war auch ARD-Reporterveteran Herbert Watterott, der ein enttäuschenderweise viertelleeres Stadion (kein Wunder bei Preisen bis 90 Mark) als voll kommentierte, Unterzahl mit Überzahl verwechselte und über das fanatische Krefelder Publikum meinte: „Die feuern ihre Mannschaft an wie vom Stamm der Watussi in Afrika.“ Was er meinte, erklärte er leider nicht.
Es war die erste Play-off- Overtime-Niederlage der DEG, seit Alpenvulkan Hans Zach dort das Zepter schwingt. Es war auch, was besonders schmerzt, die fünfte Niederlage der Düsseldorfer im sechsten Spiel mit dem KEV in dieser Saison. Jetzt droht das vorzeitige Aus für den vierfachen Meister der vergangenen sechs Jahre, der seit 1989 immer das Finale erreichte. Und das wäre für die teuerste deutsche Mannschaft ein finanzielles Debakel: Kaum einmal war in der ersten DEL-Saison mit aufgeblähtem Terminkalender das Stadion an der Brehmstraße ausverkauft. Wenn jetzt die letzten beiden Runden ohne die DEG stattfinden, würde dies das Ende eines ohnehin allmählich überalterten Erfolgsteams bedeuten. Didi Hegen, einst der überragende Mann, wurde in Krefeld mit donnernden „Hegen ist zu alt“-Sprechchören demoralisiert.
Krefelds Coach Mike Zettel weiß indes, daß eine 2:0-Führung in einem Best-of-Seven- Play-off wenig bedeutet. Jedes einzelne Spiel, so seine hübsche Terminologie, sei ein Match „Best of Eins“. Heute abend und am Freitag sind die Spiele 3 und 4 in Düsseldorf. Da wollen die Watussis aus der Landeshauptstadt die Ihren zweimal zum Sieg grölen. Doch in beiden Düsseldorfer Vorrundenspielen gewannen die Glücksritter vom KEV. Bernd Müllender
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