piwik no script img

■ Press-SchlagDie besseren Gladbacher siegen

Eine Salatschüssel aus Pappmaché kündet in der Nordkurve des Bökelbergs von gestiegenen Erwartungen. Mit dem Uefa-Pokal, an welchem teilzunehmen vor Saisonbeginn ein schier unerfüllbarer Traum schien, wollen sich die Fans von Borussia längst nicht mehr zufrieden geben. Durch die niederrheinischen Köpfe geistert vielmehr der Traum vom „Double“. Lautern hin oder her – die Tickets für das Pokalfinale sind geordert. Und die ersten Sektpullen zur Meisterschaft waren kaltgestellt.

Seit dem Wochenende indes haben die Hoffnung mehr als nur einen Dämpfer bekommen. Nicht, daß die Borussia gegen die Freiburger 1:2 verloren hat, mag die Bökelbergianer geschockt haben. Es ist das „wie“. Gut vierzig Minuten rückten man der frühen Freiburger 2:0- Führung ruhig, durchdacht, unaufgeregt zu Leibe. Als aller Plan nichts nützte, selbst Cardosos Ausscheiden die Breisgauer nicht schwächte und nicht mehr als der Anschlußtreffer herausspringen wollte, verfielen die vorgeblich gereiften Gladbacher prompt in alte Untugenden der Werner- bis Gelsdorf- Jahre. Hektisch, einfallslos, resigniert spielte die um den Ausgleich bemühte Borussia statt modernen Fußballs kick & rush. Mit lahmendem Flügelspiel. Mit hohen Bällen en masse.

Gegen derart einfallslose Gastgeber fiel Finkes Filigran-Equipe das doppelte Punkten recht leicht. Sie schlugen die Borussia einfach mit deren ureigensten Waffen: mit doppelter Viererreihe, mit perfektem Kurzpaßspiel, mit schnellem Kontern.

Die verbleibenden zehn Spiele werden zeigen, ob die Freiburger nicht gar die besseren Gladbacher sind. Ein mannschaftlich geschlosseneres Team ist am Niederrhein jedenfalls bisher nicht auffällig geworden – selbst vermeintliche Durchschnittsspieler wie Braun, Buriç, Vogel oder Sundermann bewiesen sich als Meister ihres wie auch immer definierten Fachs. Und daß die Truppe um die überragenden Zeyer und Heinrich ein einziges Mal in neunzig packenden Minuten das Leder planlos aus der Gefahrenzone drosch, zeugt von außergewöhnlichem Selbstbewußtsein. Daß sich übrigens nun auch endlich verbal Bahn bricht. Nach Wochen der Diskredition ist man in Freiburg endlich forsch geworden. Zwar müßte, sagt Volker Finke, „Weihnachten und Pfingsten auf einen Tag fallen“, bevor der Sportklub Meister werden könne, doch erstens glaubt das nicht einmal er, und zweitens kann man in aller Ruhe einen Schritt nach dem anderen tun.

Uwe Wassmer, der Torschütze zum 2:0, spricht's ganz gelassen aus: „Nun können wir klar sagen: Wir möchten in den Uefa-Pokal.“ Das möchten zwar viele: Doch wer sonst vermag es auf dem Feld so nachdrücklich zu begründen? Holger Jenrich

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen