■ Press-Schlag: Rollt der Rubel, rollt der Ball
Der Weltfußballverband (FIFA) ermittelt gegen den Fußballehrer Hans-Hubert Vogts. Der „unbelehrbare“ (Sepp Blatter) deutsche Trainer hatte sich geweigert, die von der FIFA verordneten zwei Auszeiten zu nehmen. Vogts rechtfertigte sich damit, er sei nach Einschätzung der Spielsituation zur Erkenntnis gelangt, daß eine Unterbrechung seinem Team nicht genutzt, sondern geschadet hätte. FIFA-Generalsekretär Sepp Blatter sagte, Vogts habe mit seinem „Mangel an „ökonomischer Sensibilität“, Verband und Sportart „schweren Schaden“ zugefügt. Der inzwischen vom DFB beurlaubte Trainer wird wohl lebenslänglich gesperrt und muß zudem mit einer Schadensersatzklage in Millionenhöhe rechnen, die dem übertragenden Fernsehsender durch Ausfall von Werbezeit entstanden ist.
Hallo, aufwachen! Natürlich wird Vogts nicht gesperrt, denn der gute Mann wird, wenn das die FIFA wünscht und es ihn tatsächlich zur EM 96 verschlagen sollte, dort seine Auszeiten brav nehmen. Auch wenn er keine braucht. Das wird man ihm dann schon noch genauer erklären, und dem Rest jener unsensiblen Trainer auch, die bereits mit der heute „sensationell“ vom Sensationsmagazin Focus publizierten Auszeiten-Zukunft konfrontiert wurden. Die FIFA will die Auszeiten, je eine pro Team und Halbzeit (allerdings nur in deren ersten 25 Minuten) ab 1996. Und die Reaktionen sind überwiegend abwartend-ablehnend.
Argumentiert wird historisch. Volker Finke hat allerdings gesagt, es gehe „wieder nur ums Geldverdienen.“ Tatsächlich, sagt FIFA-Blatter, sei ihm „der wirtschaftliche Effekt bewußt.“ Uns längst auch, und so wollen wir auch gar nicht davon schwadronieren, wer sich alles des Fußballs bedient, um ihn zu pressen, zu drücken, zu strangulieren, zu häuten, zu knebeln, zu knechten, auf daß er Golddukaten scheiße. 1,5 Millionen, so wird jedenfalls gemutmaßt, ließen sich durch zusätzliche Werbeunterbrechungen erlösen, was immer und überall gebraucht wird.
Überhaupt, sagt die FIFA, werde damit der Trainer gestärkt. Das sollten die ablehnenden Herren mal bedenken! Sind sie nach dem Werbe-Break noch fuchtelnd im Bild, können sie ihr Gesicht und in der Folge spezielle körpereigene Werbeflächen verkaufen. Oder mit Softdrink-Flaschen wedeln.
Ja, Moment, es sei möglicherweise schade, wirft da Giovanni Trapattoni ein, Noch-Trainer von Bayern München, wenn „eine Mannschaft, bei der der Ball gerade läuft, durch eine Unterbrechung gestört“ werde. Das ist nun, hahaha, ein eklatanter Fall von Mangel an merkantiler Kooperation, den der Sepp von der FIFA jenem von Bavaria schleunigst ausreden sollte. Wenn der Rubel rollt, oh Trap, möcht' FIFA meinen, dann läuft der Ball von ganz alleine. pu
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