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Press-SchlagDaheim ist daheim

■ Der Trend geht zu den Wurzeln

Wildwüchsige Wechseleien wurden nach dem Bosman-Urteil prophezeit, der Untergang des Fußballs durch extrem gesteigerte Wanderlust der Spitzenspieler. Doch es kam ganz anders. Anstatt sich auf die Fleischtöpfe bzw. Geldschatullen der großen Klubs zu stürzen, entdecken die Stars zunehmend, daß alles dort am besten ist, wo sie schon waren, und immer mehr Vereine stellen fest, daß diejenigen Leute, die sie einst schnöde davonjagten, so übel nicht waren.

Da gab es doch mal so einen schwerfälligen Blonden mit querem Kopf, genialen Füßen und einer Ehefrau, die sogar dem Teufel einen Heizkörper verkauft hätte, dachten sich die Verantwortlichen von Real Madrid. Wenn wir so einen wieder holen, würden wir bestimmt sogar gegen Betis Sevilla gewinnen. Aber sie machten den Fehler, sich nicht an das Original, sondern an die Fälschung zu wenden. Bernd Schuster, der kurz vor einem Comeback bei Vitesse Arnheim steht, wäre bestimmt gern nach Madrid zurückgekehrt und hätte als Zugabe sogar den ehemaligen Real-Coach Leo Beenhakker aus Arnheim mitgebracht. Doch die Madrilenen wollten Stefan Effenberg, und der ist zu seinen Wurzeln zurückgekehrt. In Gladbach fühlt er sich gar fürchterlich wohl, und kaum hat er dies auch vertraglich festgelegt, spielt er wieder so füllenhaft dynamisch wie einst mit 17 in der Gladbacher Jugend. Pech für Real.

Auch anderswo greift man gern auf Altbekanntes zurück. Herzog zu Bremen, Trapattoni zu Bayern, Stein zu Bielefeld, Dahlin vielleicht doch zu Gladbach – oder zu Malmö FF? Nur Stefan Kuntz traf knapp daneben. Statt nach Bochum ging er zu Arminia Bielefeld. Man sieht, was er davon hat. Inzwischen will sogar Romario wieder zu Flamengo ins heimatliche Rio de Janeiro zurück, Franz Beckenbauer hat immer noch nicht den Traum aufgegeben, die Bayern-Elf von vor zehn Jahren zusammenzukaufen, Toni Schumacher steht bald wieder im Kölner Tor, und Berti Vogts bereitet in Hinblick auf die WM 1998 – streng geheim – langsam die Wiedereingliederung von Andreas Brehme, Thomas Berthold und Guido Buchwald vor. Manch einem, der auszog in die weite Fußballwelt, dämmert langsam, was Leute wie Uwe Seeler und Fritz Walter schon immer wußten. Daheim ist daheim. Was hätten sie sich alles ersparen können. Häßler wäre eine Kölner Ikone, Klinsmann mit den Stuttgarter Kickers Deutscher Meister, Kohler in Mannheim Co-Trainer und Matthäus in Mönchengladbach Bürgermeister.

Aber noch ist es nicht zu spät, die Dinge zurechtzurücken. Erste Sofortmaßnahme: Matthias Sammer zurück zu Dynamo Dresden. Am Samstag kam er sich vermutlich vor, als wäre er schon dort. Matti

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