Press-Schlag: Wife beating ist out
■ Englands Frauen protestieren gegen Länderspieleinsatz von Paul Gascoigne
Dublin (taz) – Nun darf er doch wieder mitspielen. Englands Fußballnationaltrainer Glen Hoddle hat den „wife beater“ Paul Gascoigne in das Aufgebot für das WM-Qualifikationsspiel gegen Georgien am Samstag berufen und damit sämtliche Frauenorganisationen gegen sich aufgebracht: Gascoigne („Gazza“) hatte vor zwei Wochen volltrunken seine Frau Sheryl Kyle („Shazza“) verprügelt. Nachdem die sich mit zerschundenem Gesicht und dem Arm in der Schlinge im Fernsehen präsentiert hatte, sprachen sich bei einer Umfrage 71 Prozent dafür aus, den Schläger von nationalen Repräsentationsaufgaben zu entbinden.
„Das Spiel zu gewinnen ist offenbar wichtiger als die Sicherheit von Frauen“, sagte Julie Bindel von der Internationalen Organisation gegen Gewalt an Frauen. Eine andere Frauengruppe fordert, die ZuschauerInnen im Stadion sollten sich jedesmal umdrehen, wenn „Gazza“ am Ball sei.
Der News of the World hatte Gascoigne bereits vor Monaten erzählt, daß er Sheryl Kyle seit zwei Jahren regelmäßig schlage – wenn gerade kein ausländischer Kellner zur Hand ist, den er verprügeln und mit rassistischen Sprüchen überhäufen kann, wofür er demnächst vor Gericht muß. Damals hat das „Geständnis“ niemanden interessiert. Zur Zeit aber weht ein moralisch strenger Wind. Nach dem Massaker in der Grundschule im schottischen Dunblane und dem Mord am Schuldirektor Philip Lawrence in London ist „wife beating“ out – jedenfalls für prominente Fußballer wie Gascoigne.
Doch der Dumpfbeutel ist lernfähig, wer hätte das gedacht!? Auf einer Pressekonferenz am Montag abend gab er sich zerknirscht und sagte, es täte ihm leid. Es? Das brachte er dann doch nicht über die Lippen. „Die Sache, die mit meiner Frau passiert ist“, umschrieb er den kleinen Zwischenfall, mit dem er nun „für immer leben“ müsse. Jedenfalls hat er sich nun in eine Therapie begeben. „Ich habe noch fünf Jahre als Fußballer“, sagte er, „dann bin ich nur noch die Privatperson Paul Gascoigne.“ Nur einer von vielen, die ihre Frauen prügeln.
Seit der Pressekonferenz geht es ihm besser. „Tony Adams und Paul Merson haben mir gesagt, daß es hilft, wenn man über die Sache spricht“, meinte Gascoigne. Die müssen es wissen. Der Independent brachte es auf den Punkt: „Dieses wasserstoffblonde, geistig unterbelichtete rolemodel gesellt sich zu einem Alkoholiker (Adams) und einem reformierten Drogensüchtigen und krankhaften Spieler (Merson), die ihr Land gegen Georgien repräsentieren werden.“ Ralf Sotscheck
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen