Press-Schlag: Weltklasse, Jürgen!
■ Fuchs Klinsmann kotzt sich im ZDF aus
Es muß ein monatelanges Grübeln gegeben haben in und um Mainz. Was tun gegen die Samstagabendshow von Beckmann („FuXX“)? Was entgegensetzen der Enteignung selbst noch im ureigensten Gefilde?
„Das Aktuelle Sport-Studio (ZDF), hat die Herausforderung angenommen – und sat.1 richtig kräftig abgemeiert. Während drüben nichts war, nicht einmal eine erwähnenswerte Einschaltquote (3,92 Mio.), kotzte sich hüben unter tosendem Jubel niemand anders aus als der nächste Ehrenspielführer der deutschen Fußballnationalmannschaft.
Strategische Überlegungen dürften ihn dazu veranlaßt haben, in Frankfurt als nationaler Kapitän zu fehlen und dafür ein paar Kilometer weiter als Bayern-Angestellter die Doppeldeckung der letzten Monate zu verlassen. Zusammengefaßt ist es so, daß Jürgen Klinsmann (32 Jahre/92 Länderspiele) viel in der Welt herumgekommen ist – und deshalb weiß, wie der Hase laufen muß, damit er läuft. Das wurde bewiesen mit der Organisation der EM-Expedition im Sommer.
Klinsmanns Problem nun ist: Er ahnt, daß es bei Bayern nie so laufen wird. Anderthalb Jahre ist er nun da, „und es ist nichts besser geworden“. Ihn plagt die Frage, warum in München „Topspieler nicht in der Lage sind, an ihr Limit ranzugehen“. Pressen möchte er, dem Gegner zeigen, wo es langgeht. Wenn er sich umschaut, sieht er „sieben, acht Spieler, die das perfekt spielen können“. Allerdings erst, wenn sie „bei Berti Vogts sind“. Trapattonis FC Bayern dagegen reagiere „immer nur auf das Spiel des Gegners“.
Klinsmann wollen alle eine Krise einreden, zuvorderst der Präsident Beckenbauer. Er hat aber keine Krise, das kann jeder sehen, der es sehen kann. Er kriegt nur jedesmal eine, wenn er vom Platz geht und feststellt: „Ich hatte keine Torchance.“ Es ist ja irgendwie bewegend: Jürgen Klinsmann ging vor 18 Monaten nach München, weil es ihm groß genug schien für einen wie ihn. Auf keinen Fall wollte er nach Stuttgart, das dem Kosmopoliten kleinbürgerlich schien. Und nun? Schaut er wehmütig Richtung VfB. Da sieht er, wie moderner Angriffsfußball gespielt wird. Und wie Spieler Verantwortung tragen. Er dagegen muß funktionieren. Er sitzt, zumindest noch bis Saisonende, in der Falle. Und wird dort auch noch von den Medienschaffenden getriezt, denen er sich und sein Privatleben konsequent verweigert. Im „Sport-Studio“ rächte er sich auch dafür und bestätigte relativ ungefragt einen sich anbahnenden Familienzuwachs, der „natürlich alles in den Schatten“ stelle.
Das stellt tatsächlich alles in den Schatten. taz meint: Weltklasse, Jürgen!
Die Noten: ASS „länderspielreif“, FuXX: –, Münchner Bild- Journalisten: „Haben ihr Geld nicht verdient.“ Peter Unfried
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