Press-Schlag: Stark, mächtig, potent
■ Kalle Rummenigge träumt von der Euro-Liga, aber noch heißen Torschützen – haha – Rebrov
Dieser Tage war es zur Abwechslung einmal Karl-Heinz Rummenigge, der prognostizierte, in „sieben bis zehn Jahren“ würde mit Sicherheit die Europaliga kommen. Diese Liga, da ist sich der Vizepräsident des FC Bayern sicher, wäre dann „die stärkste, mächtigste und potenteste Liga der Welt“, noch vor den amerikanischen Organisationen für Baseball, Football oder Basketball. Solcher Art Voraussagen klingen immer wunderbar glitzernd und aufregend, nur wird leider wohl auch diese Liga der Zukunft kein orgiastischer Dauer-Feiertag des Fußballs sein, sondern über weite Strecken schnöde Alltäglichkeit verbreiten – so wie die Champions League bereits heute.
Das Spiel zwischen dem PSV Eindhoven und Newcastle United etwa war ähnlich charismatisch wie eine Partie zwischen dem MSV Duisburg und Arminia Bielefeld (bitte keine Leserbriefe!), war also aufregend für alle emotional Beteiligten und trübe für den eher lose Interessierten. Für Newcastle ersetzte Ian Rush, der Mann mit der größten Nase des europäischen Fußballs, als Einzelkämpfer das verletzte Sturmduo Shearer/ Asprilla natürlich nicht. Der inzwischen 36jährige jagte einsam und traurig den weit nach vorne gepölten Bällen hinterher. Der PSV Eindhoven litt nach einem Unentschieden und einer Heimniederlage gegen Kiew unter dem Muß, im dritten Spiel der Champions League zu siegen. Trotz eifriger Positionswechsel verhedderten sie sich immer wieder in der Viererkette von Newcastle, und hatten nur einen wirklich guten Moment. Eine Flanke von rechts klatschte der Belgier de Bilde von seiner Brust in den Lauf von Wim Jonk, der den Ball hoch ins linke Eck wuchtete. „Great goal“, konzedierte Kenny Dalglish, der den pseudoschnieken Rahmen der Champions League bei der Pressekonferenz durch das Tragen von Fußballschuhen (mit Stollen) zu kontrastieren wußte.
Das war's auch schon mit dem Spiel, das dann kaum noch Thema war, sondern der 3:0-Sieg von Dynamo Kiew gegen den FC Barcelona. Die Ukrainer haben sich nur über zwei Qualifikationsrunden den Platz in der Gruppe C erspielt und waren eigentlich als Fußabtreter vorgesehen. Im Moment sehen sie ungeplanter Weise aber wie der Favorit auf den Gruppensieg aus. Das muß die Phantasten der Champagner- Ligen eigentlich mit Grusel erfüllen. Denn seit dem Ende des Sozialismus hat der osteuropäische Fußball die Rolle des Pöbels übernommen, dank halbmafiöser Vereinsführungen und eines manischen Publikums, für das Fußball leider wirklich wichtig geworden ist.
In der Europaliga der Zukunft, so meint Karl-Heinz Rummenigge, „muß es Auf- und Abstieg geben“. Allerdings müsse darauf geachtet werden, daß „plötzlich keine deutschen, englischen, italienischen oder spanischen Vereine mehr mitspielen. Das kann nicht im Interesse der TV-Anstalten und Sponsoren sein.“ Und anstatt dessen Dynamo Kiew mitkickt, wo Torschützen unaussprechlich Kalitvinev heißen oder – haha – Rebrov. Doch keine Sorge, wer die sogenannte Champions League mit Tabellenzweiten bestückt, wird auch solche Probleme lösen. Christoph Biermann
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