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Press-SchlagHalleluja, Buchwald!

■ Der fünfte Evangelist heißt Guido

Roland Schmider, der Präsident ist beim Karlsruher SC, hätte am liebsten die Bibel neu geschrieben. Nicht alles versteht sich, aber zumindest ein Kapitel hätte er dem weltweit meistverkauften Schmöker in freudiger Erregtheit allzu gerne angefügt. Nach Matthäus, Johannes, Markus und Lukas muß das Werk nun auch noch den heiligen Guido in die Reihe seiner Autoren aufnehmen. „Wenn der Guido was sagt“, verklausulierte der Präsident jedenfalls Freitag abend seine Forderung an den Vatikan, „ist das für alle das Evangelium.“

Halleluja, der Retter ist da, zurückgekehrt nach dreieinhalbjährigem Kreuzzug in Japan, ausgerechnet auf jenen Berg, der in der Pfalz als heilig gilt. Ohne Turban, dafür aber mit Pflaster auf der Stirn, und vor allem mit leuchtend roten Schuhen, die längst als Insignien gelten für Männer, die mit einem Fußball gar wundersame Dinge anzustellen wissen. Und war es nicht ein Wunder, daß der abstiegsbedrohte KSC gegen den meisterschaftsverdächtigen FCK einen Punkt gewann in kalter Nacht? „Wir haben die ganze Saison kein Glück gehabt, heute hatten wir es“, sollte hernach Winfried Schäfer sagen, der mit seiner rotblonden Mähne locker in jedem Bibelfilm mitspielen könnte. Aber das Glück muß man auch zwingen, und steht nicht geschrieben, daß nur der Tüchtige es hat, irgendwie, irgendwo? Nein, keine vagen Vermutungen hier, sondern, wie es sich für einen Montag geziemt: Fakten.

Also bitte: 66 Prozent der Zweikämpfe, so will es die Premiere-Datenbank gezählt haben, hat Guido für sich entschieden im ersten Einsatz für seinen neuen Arbeitgeber, mitgezählt auch Kopfballduelle, die er gewann mit seiner am Mittwoch mit vier Stichen genähten Stirn. Das ist beeindruckend, vor allem, wenn man bedenkt, daß Guido sich abwechselnd mitkümmerte um Sforza und Ratinho, die bei Lautern das sind, was auch Guido längst in Karlsruhe ist: Lichtgestalten. So wie auch Thomas Häßler, um dessen Rücken freizuhalten man ihn ins Badische geholt hatte im 38. Jahr seines Lebens.

Das tat der neue Methusalem der Bundesliga in imponierender Manier, bevor er seinem hohen Alter angemesen weise Worte sprach nach überstandener Dopingkontrolle.

Nervös sei er gewesen vor dem langersehnten Comeback, aber: „Wem die Nervosität fehlt, der sollte nicht mehr auflaufen“; etwas müde sei er geworden nach gut 70 Minuten, aber: „Wer nicht müde vom Platz geht, hat was falsch gemacht“; und sogar an den Siegtreffer hat Guido zwischenzeitlich mal gedacht, weil: „Man darf nicht schon zufrieden sein, wenn man mal eine gute Aktion hat, sondern erst, wenn der Ball im Tor liegt.“ Worte wie ein Evangelium. Worte von Guido. Amen. Frank Ketterer

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