■ Press-Schlag: Negersaft Thorsten Legat und seine Gesinnungsfreunde
Lange war das Freiburger Publikum bekannt für seine höfliche Zurückhaltung. Die ging so weit, dass schon die „Arschloch“-Einwürfe bei der Vorstellung der gegnerischen Mannschaft – in anderen Stadien Standardrepertoire – verpönt waren. Doch in dieser Saison haben die Fans eine neue Stehtribüne bekommen und revanchieren sich mit neuen Gesängen, die handeln von „Hurensöhnen“ und fordern: „Haut drauf Kameraden“. Trainer Finke hat das Publikum beim Derby gegen Stuttgart um Fairness gebeten. Des Pädagogen Worte wirkten so: Auf der Nordtribüne wurde ein Transparent entrollt: „Verreck, Verreck Schwabendreck“. Der VfB-Anhang ließ die Freiburger schimpfen und antwortete, als Stuttgart 2:0 führte, mit „Sieg, Sieg Schwabendreck“.
Beim VfB zeigte sich, dass das Repertoire der Einfältigkeit nicht nur in Fanköpfen steckt sondern auch in Spielerhirnen herumschwirrt. „Negersaft“ hatte ein Stuttgarter Kicker unter das Bild des Mitspielers Pablo Thiam geschmiert, auf dem der Guineaer trinkend zu sehen ist. Thiam war „stinksauer“. Keiner der Mannschaftskollegen bekannte sich schuldig. So wurden alle zum Graphologen-Test gebeten und Thorsten Legat überführt. Strotzend dumm, der Mann. Traurig dumm. Aber wohl kein Einzelfall. Trainer Rangnick: „Ich habe in der Kabine schon Dinge erlebt, die unfassbar sind.“ Selbstredend ist es dem Verein peinlich, dass die Angelegenheit öffentlich geworden ist.
Nur selten hört man, dass eine Vereinsführung beschämt ist über das, was sich in Stadien abspielt. Auch beim Münchner Derby war der Dumpfsinn nicht zu überhören: Hier der „schwule, schwule FCB“, dort das „Zick Zack Zigeunerpack“. Dazu gesellen sich Kakophonien über Asoziale oder von Menschen, die unter Brücken schlafen oder Hurensöhne oder Affen und Neger, die in den Busch zurück geschickt werden sollen. All das ist allein schon ein Trauerspiel, auch dass jemand, der zufällig weiß ist, meint, einen Farbigen wie ein Tier anblöken zu dürfen. Und dass sich ganze Tribünen darin einig sind. Und mitbrüllen.
Das Traurigste aber ist, wie wenig diesen Diffamierungen entgegen gesetzt wird. Warum halten auf den Tribünen die Andersdenkenden die Klappe? Wo stecken die Spieler und Stadionsprecher, die ihren Fans erklären, dass solche Parolen keine Unterstützung sondern widerwärtig sind? Immerhin gibt es Hoffnung, dass nicht alle und alles in Schweigen und Stumpfsinn versinken. Ewald Lienen forderte jetzt das Einschreiten der Vereine gegen “Respektlosigkeiten“ des Publikums. Alarmiert wurde der Trainer des 1. FC Köln durch Geäff, mit dem farbige Kölner Spieler von Fans in Chemnitz beleidigt wurden. Lienen: „Niemand im Fußball kann sich der Verantwortung entziehen. Ich erwarte, dass man über das Problem redet.“
So sprach er Mitte vergangener Woche. Davon, dass seine Worte einen Sturm der Zustimmung und Gesprächsbereitschaft gesät hätten, ist nichts bekannt geworden. Katrin Weber-Klüver
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