Premiergemälde erzielt Rekordpreis: Ein echter Putin
Russlands Premier Putin, der sich sonst gern als Naturbursche zeigt, endeckt die Malerei. Sein Motiv: ein Fenster, dahinter die ukrainische Kälte. Boshaft? Recht stilvoll, sagen Kritiker.
Bisher zeigte sich Wladimir Putin gern als starker Mann. Jetzt hat der russische Premierminister zwischen Tigerfellen, Judokämpfen und Fischgräten offenbar seine künstlerische Seite entdeckt. Sein Erstlingswerk als Maler hat bei einer Wohltätigkeitsauktion in St. Petersburg 860.000 Euro für krebskranke Kinder eingebracht - den höchsten Preis, den je ein Gemälde in Russland erzielen konnte.
Ersteigert wurde das Politiker-Debüt von der Moskauer Galeristin Natalya Kurnikova. "Es könnte das erste und letzte Bild dieser Art sein", begründete sie den Kauf. Und in der Tat ist das Putinsche Werk etwas Besonderes: Es zeigt ein Fenster, hinter dessen beschlagener Scheibe eine verschneite ukrainische Landschaft zu sehen ist. Die Motividee soll dem ehemaligen Kremlchef am 26. Dezember gekommen sein - nur eine Woche bevor Moskau der Ukraine erneut das Gas abdrehte. Und während die Kälte hinter dem fiktiven Fenster begann, in reale Wohnstuben zu kriechen, wurde das Bild mit dem Titel "Muster" zur boshaften Parabel: Aus dem Warmen blickte der Russe auf die bibbernden Nachbarn.
Putins Griff in den Tuschkasten erhielt dennoch viel Lob. Nicht nur von seinen Ergebenen, sondern auch aus dem Ausland. So bezeichnete der britische Kunstkritiker Jonathan Jones das Werk im Guardian als "stilvoll und geistreich für eine Amateurarbeit". Obgleich er sich nicht sicher war, ob der Name des Politikers allein in der Signatur stehen sollte. Denn es heißt, die Künstlerin Nadezhda Anfalova habe Putin nicht nur beraten, sondern auch fleißig mitgetüncht.
So oder so, mit dem Ausflug in die Kunst hat sich Putin wieder neu erfunden: Wie eine Künstlerseele wirkt er nun, netter irgendwie. Doch musische Staatsmänner gab es bereits zuvor - bessere wie Winston Churchill, schlechte wie Adolf Hitler. ANNIKA KÜHN
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
Linke gegen AfD und BSW
Showdown in Lichtenberg
Stellenabbau bei Thyssenkrupp
Auf dem Rücken der Beschäftigten