: Premieren zeigen: Lustigsein ist gar nicht einfach
■ Das Trash-Stück „Sugar Dollies“im TiK steht nicht zur eigenen Blödheit
Ein Mann denkt sich fünf Frauen aus. Tut einen Haufen doofer Witze dazu. Tropft etwas Tief- und Wahnsinn drauf, und heraus kommt die Groteske Sugar Dollies von Klaus Chatten, die am Donnerstag im TiK Premiere hatte.
Nobody's perfect: Tabea (Nicola Thomas) und ihre Mutter Babette (Angelika Thomas) sind dick, prollig und kommen mit den Männern nicht klar. Das Kind soll trotzdem unter die Haube. Ob beim Karneval oder bei einer Fernsehshow – das ist Mutti wurst, und das paralysierte Töchterlein trottet brav mit. Der Schacken nicht genug: Schauspielerin Rosy hat eine Regie-Psychose, Casting-Agentin Viola hält sich selbst für ein Luxusweib, und Peterchen aus dem Osten will auch endlich mal auf die Mattscheibe.
Eine Sitcom, die sich selbst zu parodieren versucht? Nach der Pause treffen sich Rosy, Tabea und Babette in Violas Vorzimmer, und der Showdown beginnt. Rosy überschreitet spielend als Regisseurin ihrer eigenen Penthesilea den Rand des Nervenzusammenbruchs. Den beiden Proleten-Torten zeigt sie, wie das Fenster aufgeht, aus dem Babette die fiese Agentin schmeißt. Alles wird gut, oder so ähnlich.
Die Darstellerinnen kaspern zwischen heimelig-rosa Badezimmerkacheln und unter dem ekelbraunen Furnier eines Ostberliner Hotelzimmers herum (Bühne: Monika Morsbach). Sie haben auch klasse Klamotten an. Mutter Babette wirkt im Batman-Kostüm von Jürgen Westhoff einzigartig unvorteilhaft. Bei all dem Aufwand überschreiten die fünf aber selten die Grenze des Aufsagens dämlicher Witze. Nur Rosy (Oda Thormeyer) gelingt es, eine überzeugende Psychopathin zu mimen. Seinem Anspruch, die Subversivität des Mediums Theater im Gegensatz zum banalen Fernsehen vorzuführen, wird Regisseur Christian Schlüter deshalb noch lange nicht gerecht. Das Theater feiert sich selbst, und ob da noch eine Kamera auf der Bühne rumsteht oder nicht, ist auch egal. All die Sprüche von Gott und Liebe und Schuld und Wahrheit wirken in dem Witze-Gemetzel nur angestrengt, nicht absurd.
Mußte das sein? Hätten die Sugar Dollies nicht das bleiben können, was sie sein wollen: einfach blöd und prollig und primitiv? Auch wenn die Witze nicht superlustig sind: Es ist immer noch besser, darüber zu lachen, als einen versteckten Sinn zu suchen, wo keiner ist.
Barbora Paluskova
Weitere Aufführungen: Mi 16., Do 17., So 20. April, 20 Uhr, Thalia in der Kunsthalle
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