Premiere: "Ich bezahle Abos"
Michael Börnicke, der Georg Kofler als Vorstandsvorsitzender der Premiere AG ablöst, über seinen Vorgänger und seine Disziplin - Langstreckenlauf.
taz: Herr Börnicke, können Sie Ski fahren?
Michael Börnicke: Ja, ganz gut, aber nicht so gut wie Herr Kofler.
Georg Kofler hat schillernde Namen: "Skilehrer unter den Medienleuten", "Zampano", "Legende". Welche Bezeichnung schlagen Sie für sich vor?
Herr Kofler sagte einmal, er wolle, dass die 100 Meter unter 10 Sekunden gelaufen werden. Das war auch die Kommunikation an die Mitarbeiter. Ich bin eher der Langstreckenläufer. Und Nachhaltigkeit stelle ich mir auch für Premiere vor. Was bedeutet das konkret? Das bedeutet, dass ich die vorgenommenen Weichenstellungen übernehme, aber auf langfristiges Wachstum setze. Nach zwei Jahren mit relativ viel Unruhe möchte ich Premiere langfristig aufrichten. Ich stehe für Kontinuität und möchte auch langfristige Abonnements gewinnen. Was das kurzfristige Arbeiten angeht: Im Herbst beginnt der Poker um die Bundesligarechte ab 2009. Auf was für einen Partner kann sich die Deutsche Fußball-Liga einstellen? Ich bin großer Fußballfan und habe mir am Wochenende auch den ersten Spieltag angeschaut.
ARD oder Premiere?
Selbstverständlich bei Premiere. Und das tue ich jede Woche. Ich habe mehrere Abonnements, die ich auch voll bezahle. Was aber die Rechte angeht: Die Liga kann sich auf einen verlässlichen Partner einstellen, im Sinn von finanziell und berechenbar. Es heißt, ich sei weniger emotional als Herr Kofler. Das stimmt sicher auch. Aber das finde ich gut. Das Produkt soll emotional sein, nicht das Bieterverfahren. Denn wir haben ein gemeinsames Interesse: Fußball in möglichst viele Haushalte zu bringen.
War die Emotionalität ein Grund für Koflers Abgang? War er im Bieterverfahren verbrannt?
Nein, das ist absoluter Unsinn. Seine Gründe sind persönliche Lebensentscheidungen. Ich respektiere das sehr, und das gibt mir die Chance, jetzt meinen persönlichen Stil zu prägen. Ich werde definitiv nicht den Stil von Herrn Kofler kopieren, sondern eigene Akzente setzen. Die wichtigste Aufgabe der nächsten drei bis sechs Monate wird sein, die Unsicherheit im Markt auszuräumen, die durch den Rückzug von Arena entstanden ist.
Wie nahe war denn Premiere 2006 dem Ende, etwa durch die Konkurrenz von Arena?
2006 war definitiv ein Abwehrspiel. Wir sind nicht gewachsen, sondern haben eher versucht, zu stabilisieren. Das zweite Halbjahr war aber so schlecht auch nicht. Aber die jetzige Phase, in der wir ganz gut dastehen, ist mir lieber.
Man kann es auch so interpretieren, dass Sie derzeit nur verlieren können.
Wenn ich der Meinung wäre, würde ich den Job nicht antreten. Ich denke allerdings, dass die Bewertung meiner Arbeit nicht nach drei bis sechs Monaten vorgenommen werden sollte. In zwei, drei Jahren kann man bewerten, ob meine Arbeit zu dem soliden Wachstum geführt hat, das ich mir vorstelle. Ich möchte, dass Premiere mittelfristig eine Marktdurchdringung von 20 bis 30 Prozent hat und nicht, wie heute, von 10 Prozent.
Ist es für Sie denkbar, dass Premiere übernommen wird? Die Spekulationen gibt es ja.
Prinzipiell ist Interesse an einem Unternehmen ja ein normaler Vorgang am Kapitalmarkt. Aber um keine Spekulationen aufkommen zu lassen: Es gibt keine Gespräche und keine Offerten. Und die sind durch die letzten Tage auch weder wahrscheinlicher noch unwahrscheinlicher geworden.
Wobei ja auch an der Börse Menschen arbeiten. Gestern fiel der Kurs etwas. Traut man Ihnen den Job nicht zu? Das glaube ich nicht. Georg Kofler ist eine herausragende Unternehmerpersönlichkeit, insofern halte ich es für normal, dass es hier zunächst eine kleine Unsicherheit gibt, die sich in Kursen spiegelt. Aber heute stehen wir ja schon wieder auf dem alten Kurs.
War es angenehm, in Koflers Schatten zu arbeiten?
Ich habe das nicht so empfunden. Denken Sie an Franz Beckenbauer: Der stand im Rampenlicht, und hinten die Bälle weggeräumt hat Berti Vogts.
Und Sie sind Berti Vogts?
In dem Fall war ich Berti Vogts. Aber wir waren ein Team.
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