Premiere am Moks: Der Tanz der Bingokugeln
Grete Pagan zeigt am Moks die Dramatisierung von Andreas Steinhöfels „Rico, Oskar und die Tieferschatten“ mit theatralen Tugenden.
Muss das denn sein? Das Stück läuft ja fast schon überall, in Coesfeld, in Berlin, in Bonn in ... weiß der Himmel! Kein Jugendtheater, so scheint’s, kommt an „Rico, Oskar und die Tieferschatten“ nach dem Roman von Andreas Steinhöfel vorbei. Auch das Moks nicht. Und das ist auch gar nicht schlimm. Denn Steinhöfels Buch ist grandios, undsehr elegant ist Felicitas Loewes Dramatisierung.
Und das Moks zeigt, wie sich mit ihr diese Geschichte auf der Bühne als echtes Theaterstück gestalten lässt: Mit stark körperlichem, performativem Ansatz nämlich, für den die Hamburger Regisseurin Grete Pagan verantwortlich zeichnet, und den die Ausstatterin Lena Hinz bezaubernd umsetzt: Skizzenhaft, eine Ein-Tassen-Espressomaschine ist die Küche, ein Ring aus Blumenkästen ist das Dach – im Herstellen der Illusion kassiert sich diese zugleich, und Spannung wird erzeugt, obwohl ihr Erzeugen für alle sichtbar bleibt: Klar ist das Metronom ein Metronom. Trotzdem lässt das „Tack!, tack!, tack!“ den Atem flacher werden und die Herzen klopfen.
Die Geschichte ist eine Kinder-Detektiv-Story aus dem Wedding-Milljöh: Hauptfigur Rico hat sich dafür, dass er Schüler im Förderzentrum ist, die markante Umschreibung „er sei tiefbegabt“ zurechtgelegt. Als ein Serien-Entführer seinen Freund, den hochbegabten Oskar, kidnappt, befreit Rico ihn – obwohl er eigentlich den falschen für den Gangster hält. Nämlich den Kommissar.
Es gibt ein paar Holprigkeiten in der Moks-Fassung, irgendwann taucht eine auf der Straße gefundene Nudel auf, deren Erwähnung nur kapiert, wer das Buch kennt, und anfangs ist das Tempo etwas zu hoch. Aber große klasse ist die Idee, Rico mitunter von allen vier SpielerInnen darstellen zu lassen: Die Figuren werden so – und auch für unerfahrene Theatergänger verständlich –zu Verkörperungen von Ricos Gedanken.
Wie die Kugeln in einer Bingotrommel flitzen die ihm durchs Hirn, so beschreibt der selbst das Chaos im Kopf, wenn er schnell und intensiv nachdenken muss. Hier im Moks tritt das als wilde, halb bedrohliche, halb witzige Rund-Spring-Lauf-Tanzszene plötzlich in die Welt. Und einer schwingt sogar das Beil! Kreisch! Herrlich. Nein, an „Rico Oskar und die Tieferschatten“ im Moks – kommt man wirklich nicht vorbei.
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