Premier League und der Nahostkonflikt: Verbotener Davidstern
Israelische und palästinensische Symbole wurden in Englands Stadien verboten. Ein jüdischer Fanklub muss sich nun selbst verleugnen.
![Fußballfans feiern mit israelischer Fahne auf einer Tribühne Fußballfans feiern mit israelischer Fahne auf einer Tribühne](https://taz.de/picture/6624297/14/33960476-2.jpeg)
Palästinensische und israelische Fahnen sind in den Stadien der Premier League nicht mehr erlaubt. Die Verantwortlichen der Liga begründeten das Verbot mit dem wiederentfachten Nahostkonflikt. Man wolle so „das Wohl und die Sicherheit der Fans gewähren und Vorfälle unter ihnen vermeiden“. Die English Football League, welche für die drei Ligen unterhalb der Premier League verantwortlich ist, schloss sich der Entscheidung an.
Auch der sechsfache englische Meister, der FC Chelsea London, setzte den neuen Erlass um und schrieb nun in einer Pressemitteilung, dass dies im Grunde nichts Ungewöhnliches sei. Auch bei anderen Konflikten würde man so handeln, da diese Symbole Unruhe und Konflikte auslösen und als provokative Geste verstanden werden könnten, heißt es in der Stellungnahme.
Eine Fan-Gruppe des Vereins, der „Chelsea Israeli Supporters Club“, hat diese Anordnung in eine „verwirrende“ Lage gebracht, wie ihr Sprecher Yarin Levi feststellt. Gegenüber der taz erklärt er, er vermute dahinter auch eine antisemitische Einstellung. Seine Gruppe ist ein Zusammenschluss von etwa 200 Chelsea-Anhängern, von denen viele auch in Israel leben.
Seit acht Jahren hängen die Israeli Supporters bei Heimspielen an der Stamford Bridge ihr Banner auf. Dies wurde der Gruppe nun untersagt, da auf dem Banner jeweils an den Außenseiten neben dem Namen der Gruppe eine israelische Fahne abgebildet ist.
Islamischer Halbmond erlaubt
Pragmatisch mit den Regeln der Premier League umgehend, schlugen die Fans ein neues Design vor, auf dem die israelischen Fahnen durch einen einzigen Davidstern als Symbol ersetzt werden sollten. Der FC Chelsea ließ diesen Vorschlag von der Premier League prüfen. Die Premier League erklärte, dass auch der Davidstern vom Verbot betroffen sei.
![Banner eines israelischen Fanklubs im Stadion Banner eines israelischen Fanklubs im Stadion](https://taz.de/picture/6624297/14/imago1003945195h-1--1.jpeg)
„Das war für mich eine Ansage, dass wir weder als israelisch noch als jüdisch erkennbar sein dürfen, sondern nur noch als Chelsea-Fans. Wir sind gezwungen, unsere Identität, und der Davidstern ist ein Teil davon, zu verstecken“, sagt Levi. Das Symbol des islamischen Halbmonds hingegen sei nicht verboten worden, führt er an. Zudem seien die neuen Regeln widersprüchlich. Die „Jewish Gooners“, der jüdische Fanklub von Arsenal London, dürfte weiterhin in ihrem Emblem und somit auf ihrem Banner einen Davidstern abbilden.
Bei den Hamas-Terrorangriffen am 7. Oktobers sind auch vier Mitglieder des Chelsea Israeli Supporters’ Clubs ermordet worden. Für Levi ist das Hin und Her der Premier League mit dem Banner auch angesichts dieser Opfer äußerst unbefriedigend. Der FC Chelsea, so hebt er hervor, hätte sich aber besser als die Premier League verhalten und mehr Mitgefühl in seinen öffentlichen Statements als andere Klubs nach den Terrorattacken gezeigt.
Der FC Chelsea hatte in der Ära, als der jüdisch-russische Oligarch Roman Abramowitsch den Verein übernahm, beispielhafte Maßnahmen gegen Antisemitismus in seiner Fanszene und im englischen Fußball eingeleitet. Diese Initiativen würden bis heute wirken, sagt Levi. Abramowitsch war nach dem Ausbruch des russischen Krieges gegen die Ukraine von Großbritannien gezwungen worden, seine Anteile am Klub zu verkaufen. „Wir fragen uns“, erzählt Levi, „ob unter Abramowitsch die Entscheidungen der Premier League anders gefallen wären.“
Inzwischen hätte man sich mit dem Klub auf eine Übergangslösung geeinigt. Chelsea begleicht die Kosten für ein neues Banner ohne Fahne und Davidstern. Zu sehen ist nun nur noch der Chelsea-Löwe nebst der Aufschrift: „Chelsea Israeli Supporters Club“. Levi sagt: „Wenn die Verfügung wieder aufgehoben wird, sollen wir wieder unseren bisherigen Banner aufhängen dürfen.“
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