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Preisverleihung bei der NOZVon Frauen keine Spur

Die „Neue Osnabrücker Zeitung“ vergibt ihre Preise für besonders gelungene Beiträge nur an Männer. Auch in der Chefredaktion gibt es keine Frau.

Hat ein Herz für Alphamännchen: der Osnabrücker Verlag NOZ Medien/Fromm Foto: dpa

Osnabrück taz | „Qualität entscheidet über Zukunft“, lautet der Titel über dem Eigenbericht zur jüngsten Verleihung des Herausgeberpreises bei der Neuen Osnabrücker Zeitung (NOZ). „Qualität“ und „Zukunft“ scheinen nach der dort präsentierten Logik reine Männersache zu sein. Denn auf dem dazugehörigen Foto reihen sich links die drei Chefredakteure, rechts die zwei Herausgeber und dazwischen acht der neun siegreichen Redakteure auf. Von Frauen keine Spur.

Hat das Medienhaus etwa aus Versehen ein Bild aus dem Printarchiv geholt? Diese Frage dürften sich viele Le­se­r*in­nen beim Blick auf Bericht­ und Foto gestellt haben. Aber nein: Gezeigt werden die Träger der in diesem Jahr verliehenen Preise.

Was also ist mit den Frauen bei der NOZ? Es gibt sie, keine Frage, aber sie sind in der Minderheit. 95 Redakteure und 51 Redakteurinnen sowie neun Volontäre und fünf Volontärinnen beschäftigt­ die NOZ. Dazu freie Autorinnen.

Wie konnte es aber bei einem Frauenanteil von rund 30 Prozent zu einer Preisverleihung nur an Männer kommen? NOZ-Chefredakteur­ Ralf Geisenhanslüke­ holt zur Beantwortung der Frage sein Smartphone heraus und scrollt durch Fotos: Bilder von den Verleihungen der Herausgeberpreise beim Medienhaus „mh:n“ in Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern, mit denen NOZ Medien seit 2016 einen Medienverbund bildet. Geisenhanslüke will zeigen: Dort gingen die Frauen nicht leer aus. Sie würden keineswegs bewusst von der Vergabe ausgeschlossen. Zudem seien auch bei der NOZ in den Vorjahren immer Frauen unter den Prämierten gewesen.

Kopfschütteln beim Deutschen Journalistenverband

Die Herausgeberpreise gibt es seit 2011. Einmal im Monat werden die besten Beiträge in den Kategorien Bericht, Kommentar und Optik ausgezeichnet. Am Jahresende wählt die NOZ daraus die besten Arbeiten aus. Kriterien bei der Auswahl seien Relevanz sowie sprachliche und journalistische Qualität, so Ralf Geisenhanslüke.

Erst nachdem die aktuellen Jahressieger festgestanden hatten, stellte ein Mitglied des Chefredakteurs­teams fest: „Ist euch aufgefallen, dass wir gar keine Frauen dabei haben?“ Rückgängig machen wollte die Jury ihre Entscheidung nicht. „Wir vergeben die Preise nach journalistischen Kriterien, nicht nach Proporz“, so Geisenhanslüke. Zudem sei das „unfair gegenüber den Männern, die die Preise gewonnen haben“, ergänzt er.

Auf Kopfschütteln trifft die Entscheidung bei Christiane Eickmann, Geschäftsführerin­ des Deutschen Journalistenverbands (DJV) in Niedersachsen. Sie sieht die Verleihung als schlechtes internes Signal. „Das ist keine gute Botschaft an die Redaktion“, sagt sie. Eickmann hält die Preisvergabe für einen­ Ausdruck einer von Männern dominierten Redaktion. Sieben Ressortschefs und nur eine Ressortchefin weist das Impressum der NOZ auf. Überhaupt sind weibliche Führungsfiguren im Medienhaus rar. Die einzige Frau in der Chefredaktion wanderte vor einem Jahr zur Funke Medien Gruppe ab.

Auch der Betriebsrat wundert sich über die aktuelle Preisverleihung. „Das ist eine äußerst unglückliche Entscheidung“, sagt Vorsitzender Thomas Niemeyer. Die NOZ sei kein Einzelfall, betont Christiane Eickmann. In den Führungspositionen aller niedersächsischen Medienhäuser herrsche akuter Frauenmangel. Das Problem ist aber auch die fehlende kulturelle Vielfalt. Bei der NOZ gebe es so gut wie keine Be­wer­be­r*in­nen mit Migrationshintergrund, erklärt Ralf Geisenhanslüke. Für Christiane Eickmann ist das kein gültiges Argument. „Es muss Programme für mehr kulturelle Vielfalt in den Redaktionen geben“, fordert sie, „sonst sind die Medienhäuser nicht zukunftsfähig.“

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