Prag vor US-Präsidentenbesuch: Demos gegen Obama verboten
Bis zu 70 Prozent der Tschechen lehnen die Stationierung des geplanten US-Raketenabwehrschildes in Tschechien ab. Wenn am Samstag Obama kommt, wollen viele trotz Verbot demonstrieren.
PRAG taz Prag rüstet sich für Obama. Samstag, Punkt 17 Uhr wird die Airforce One in der tschechischen Hauptstadt landen. Nach einem kurzen Händeschütteln mit Präsident Vaclav Klaus und Noch-Premier Mirek Topolanek auf dem Flughafen, planen "Potus" und "Flotus" (President of the United States und First Lady of the United States) einen gemütlichen Spaziergang durch das alte Prag samt romantischem Abendessen in einem böhmischen Restaurant.
Doch nicht nur mit Hradschin, Karlsbrücke und Schwejk´scher Gemütlichkeit will Prag den US-Präsidenten beeindrucken. Obama wird an der Moldau auch nicht nur auf Vaclav Havel, Angela Merkel oder Nicolas Sarkozy treffen. Sondern wahrscheinlich auch auf Potemkin. Denn der Prager Magistrat will verhindern, dass Obama auf weitere Demonstrationen trifft.
Geplant ist eine große Protestkundgebung gegen das US-Raketenschild und die Stationierung eines US-amerikanischen Radarschirms in den mittelböhmischen Brdy-Wäldern. Einen Marsch zum Kongresszentrum, wo am Sonntag der Gipfel zwischen der EU und den USA stattfinden wird, haben die Prager Stadtväter allerdings verboten. "Die Demonstration würde den Verkehr wie auch die Sicherheitsvorkehrungen zu sehr beeinträchtigen", begründet der Sprecher des Magistrats, Jiri Wolf, das Verbot.
Das sei noch lange kein Grund, schnaubt Jana Gliwicka von der Initiative "Ne základnám" (Nein zu Militärbasen), die die Demonstration organisiert. "Wir haben dem Magistrat verschiedene Demorouten vorgeschlagen, aber man ist auf unsere Vorschläge nicht eingegangen", sagt Gliwicka. Das Demonstrationsverbot sieht sie als "klaren Versuch, unser Recht auf freie Meinungsäußerung zu beschränken."
Schließlich sei es nicht zum ersten Mal, dass der Magistrat, der andererseits neonazistischen Bewegungen erlaubt am Gedenktag der Reichspogromnacht durch das jüdische Viertel zu marschieren, eine Demonstration der Initiative verbietet. "Bislang haben die Gerichte das Verbot aber immer rückgängig gemacht. Mit Verweis auf das Versammlungsrecht", erklärt Gliwicka. Selbst wenn es jetzt, zeitlich bedingt, zu keinem Gerichtsurteil kommen würde: "Marschieren werden wir trotzdem", sagt Gliwicka.
Die Initiative „Ne základnám“ ist der derzeit herrschenden politischen Elite Tschechiens schon seit ihrer Gründung vor drei Jahren ein Dorn im Auge. 60 bis 70 Prozent der Tschechen sind gegen die Stationierung des US-Radarschilds in Tschechien. Neben verschiedenen Demonstrationen und Happenings hat die Initiative auch eine Petition für eine Volksabstimmung gestartet, die inzwischen 150.000 Unterschriften hat. "Das ist eine Menge, schließlich haben wir nur 10 Millionen Einwohner", bemerkt Jana Gliwicka.
Trotz Obamas Annäherungsversuchen an Russland und den Iran, trotz seiner Ankündigung, das geplante Raketenschild noch einmal zu überdenken, bleibt das Radar in Tschechien ein heißes Thema. „Das ganze hat sich zu einer innenpolitischen Frage entwickelt, hier gibt es einige Politiker, die sich und ihre Karriere mit dem Radar identifizieren", sagt Jana Gliwicka. Zwei Schlachten hat die Initiative "Ne základnám!" inzwischen gewonnen. Den Antrag auf Ratifizierung der Verträge zum Radar hat Noch-Ministerpräsident Mirek Topolanek inzwischen aus dem Parlament zurückgezogen.
Inzwischen ist seine Regierung gestürzt worden und soll Ende April ersetzt werden. Dennoch bleibt die Frage des Radars noch offen. "Solange nicht definitiv entschieden ist, dass es keinen Radar geben wird, werden wir weiter demonstrieren", sagt Jan Neoral, Bürgermeister des Dörfchens Trokavec, das dem Radar mit am nächsten liegen würde. Auf der Kundgebung am Sonntag wird er einer der Hauptredner sein. "Ich werde Präsident Obama meine Unterstützung aussprechen in seinen Bemühungen, das geplante Raketenschild überflüssig zu machen", sagt Neoral.
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