Präsidentschaftswahl in Katalonien: Puigdemont setzt auf Plan D
Ex-Regierungschef verzichtet vorläufig auf seine Kandidatur, um die Blockade der Justiz zu umgehen. Joaquim Torra soll ihn erstmal ersetzen.
Puigdemont lebt derzeit In Deutschland. Spanien hat seine Auslieferung wegen „Rebellion“ und „Veruntreuung öffentlicher Gelder“ im Zusammenhang mit dem verbotene Referendum über die Loslösung Kataloniens von Spanien am 1. Oktober beantragt.
Auch seine Kandidatur scheiterte an der spanischen Justiz. Zwar hatte die Mehrheit der Unabhängigkeitsbefürworter im katalanischen Parlament eigens das Reglement zur Wahl eines Regierungschefs geändert. Ein Kaniddat darf nun sein Regierungsprogramm auch per Videokonferenz orstellen kann. Doch der konservative spanische Ministerpräsident Mariano Rajoy legte dagegen Widerspruch beim Verfassungsgericht ein. Solang das nicht entschieden hat, darf Puigdemont nicht kandidieren.
Der ehemalige katalanische Regierungschef bestimmte deshalb am Donnerstagabend per Videoansprache von Berlin aus „Quim“ Torra als Alternativkandidaten. Der 55-jährige Anwalt gilt als unerbittlicher Verfechter der Unabhängigkeit seiner Heimat.
Puigdemont erklärte ausdrücklich, dass Torra, der mit den nötigen Stimmen im Parlament rechnen kann, eine Übergangslösung sei. Sollte das Verfassungsgericht das neue Reglement in einigen Monaten doch noch für rechtmäßig erklären, will Puigdemont erneut ins Amt. Er war von Madrid Ende Oktober abgesetzt worden, als Katalonien unter Zwangsverwaltung gestellt wurde.
Puigdemont und vier seiner Minister setzten sich nach Belgien ab. Zusammen mit zwei weiteren Politikerinnen, die sich in der Schweiz aufhalten, werden sie per europäischem und internationalem Haftbefehl gesucht. In Spanien selbst sitzen sieben ehemalige Minister und zwei Aktivisten in Untersuchungshaft.
Torra ist das, was die Befürworter der Unabhängigkeit – neben Puigdemonts „Gemeinsam für Katalonien“ (JxCat), die Republikanische Linke Kataloniens (ERC) und die antikapitalistische Kandidatur der Volkseinheit (CUP) – Plan D nennen. Plan A war Puigdemont, Plan B der in Untersuchungshaft sitzende ehemalige Chef der Katalanischen Nationalversammlung (ANC) und Plan C der ehemalige Sprecher Puigdemonts Jordi Turull. Letzterer erhielt nicht genug Stimmen und wurde nach der Abstimmung in Untersuchungshaft genommen.
Kandidat ohne Raum
Torra ist der erste Kandidat, der bisher keine offenen Rechnungen mit der Justiz hat. Obwohl er zum harten Kern der Befürworter des Referendums vom 1. Oktober und der Unabhängigkeitserklärung am 27. Oktober gehörte, wird gegen ihn nicht ermittelt. Damit steht seinem Einzug als 131. „President“ in die katalanische Regierung „Generalitat“ nichts im Wege.
Einmal im Amt, wird sich Torra ein Büro in der Generalitat suchen müssen. Denn Puigdemont, der für seine Anhänger weiterhin der „rechtmäßige Präsident“ ist, hat darum gebeten, dass sein Büro frei bleibt, bis er irgendwann aus seinem Exil zurückkehren kann.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Grünen-Abgeordneter über seinen Rückzug
„Jede Lockerheit ist verloren, und das ist ein Problem“
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Das Weihnachten danach
Die Wahrheit
Glückliches Jahr
Spiegel-Kolumnist über Zukunft
„Wir unterschätzen den Menschen und seine Möglichkeiten“
Elon Musk greift Wikipedia an
Zu viel der Fakten