Präsidentschaftswahl in Chile: Die Rechte greift zur Macht
Sebastian Piñera hat gute Chancen bei der Stichwahl am Sonntag Präsident zu werden. Gegenkandidat Frei holt jedoch auf, denn er hat jetzt einen populären Unterstützer.
Erstmals nach dem Ende der Diktatur von Augusto Pinochet könnte in Chile die Rechte den Präsidenten stellen. Ihr Kandidat Sebastián Piñera hat gute Chancen, nach zwanzig Jahren Concertación-Regierung bei der zweiten Runde der Präsidentschaftswahl am Sonntag den Machtwechsel herbeizuführen.
Doch Eduardo Frei, der Kandidat der regierenden Mitte-links-Koalition Concertación hat in den letzten vier Wochen kräftig aufgeholt. Hatte es nach dem ersten Wahlgang Mitte Dezember noch nach einem Durchmarsch Piñeras ausgesehen, sagen die letzten Umfragen jetzt ein Kopf-an-Kopf-Rennen voraus.
Bei Marta Lagos vom renommierten Meinungsforschungsinstitut Mori kommt Sebastián Piñera auf 50,9 Prozent und Eduardo Frei auf 49,1 Prozent der Stimmen. Bei einer Fehlerquote von drei Prozent ist das Rennen damit mehr als offen. Bei der Frage, wer gewinnen wird, setzen jedoch 51 Prozent auf Piñera und nur 31 Prozent auf Frei. Auch Lagos tippt auf einen Sieg Piñeras. Frei müsste bis Sonntagmorgen noch 126.000 Stimmen hinzugewinnen. "Das schafft er nicht", so Lagos.
Nach zwei Jahrzehnten haben viele Chilenen die Concertación satt. Shootingstar Marco Enríquez Ominami, als Abtrünniger der Concertación und unabhängiger Kandidat angetreten, hatte es im ersten Wahlgang mit seinen rund 20 Prozent Stimmen bewiesen. Um seine Stimmen buhlten Piñera und Frei. "Piñera ist Rückschritt und Frei kein Fortschritt", wiederholte Marco Enríquez Ominami immer wieder und weigerte sich, seine Unterstützung für einen der beiden auszusprechen - bis er Mitte der Woche überraschend verkündete, am Sonntag für "den Kandidaten des Volkes" zu stimmen.
Das Aufatmen im Frei-Lager hörte das ganze Land. Der Christdemokrat Eduardo Frei, von 1994 bis 2000 schon einmal Präsident, und seine Kampagnenmanager hatten vieles versucht, Enríquez Ominami und seinen Stimmanteil mit ins Boot zu holen. Sogar zwei Parteivorsitzende der Mitte-links-Koalition waren zu diesem Zweck zurückgetreten, Enríquez Ominami hatte den Rücktritt aller gefordert.
"Ich werde in der kommenden Regierung kein Amt übernehmen und wir haben nichts ausgehandelt", versicherte Ominami. Frei gehöre "zu denen, die keinen Finger gerührt haben, als mein Vater von der Diktatur ermordet wurde." Aber die, die Piñera unterstützen, "sind Komplizen der Mörder meines Vaters, die nichts bereuen und noch heute stolz darauf sind, ihn getötet zu haben". Ominamis Vater Miguel Enríquez war Führer des marxistisch-leninistischen MIR (Movimiento de Izquierda Revolucionaria) und wurde 1974 vom Dina, dem Geheimdienst der Diktatur, erschossen.
Marta Lagos glaubt jedoch nicht, dass Enríquez Ominamis späte Unterstützung Freis Niederlage verhindern wird. Wer im ersten Wahlgang für Marco gestimmt habe, sei über die Concertación tief verärgert. "Wer für Frei stimmen will, hat sich schon lange dazu entschieden. Da bewegt sich nicht mehr viel."
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!