: Postkoitale Zigarette
■ Das Medienzentrum Walle zeigt Filmplakate aus vierzig Jahren
Mit den „Kino-Plakat-Geschichte(n)“ zeigt das Medienzentrum Walle, nach dem Staatsarchiv die zweite Ausstellung von Kinoplakaten in dieses Jahr. Rund 80 Plakate von den 30er bis 70er Jahren hat die Ausstellungsmacherin Jutta Reinke dafür aus Tiefen des Bremer Staatsarchivs hervorgeholt. Ein Auswahlkriterium war für sie dabei, inwieweit die Plakate Auskunft darüber geben, wie Filmszenen und -bilder für die Werbung aufbereitet wurden.
Nur auf den ersten Blick stimmt das Wiedersehen mit Plakaten der Kultfilme „Außer Atem“ oder „Blow Up“ sentimental. Denn schon bevor man die Filme gesehen hatte, konnten die Plakate dem Kinobesucher die Luft rauben: Wie zum Beispiel der auffällig dunkelhäutige Jean Paul Belmondo einer ätherisch-blassen Jean Seberg die Hand auf den Bizeps legt und dabei noch die präkoitale Kippe zwischen den Lippen balanciert - das ist ein Meisterwerk erotischer Plakatkunst. Und mit dem zweiten Belmondo im Vordergrund schließt sich der Kreis, ist er doch gewissermaßen sein postkoitaler Doppelgänger.
Aber auch andere der Kinoplakate entfalten ihre Reize und machen deutlich, was den Major Companies für ihre Filme am werbewirksamsten erschien. So setzte der Verleih von „Blut am Fargo River“ ausschließlich auf die Heldenfigur John Wayne; weder wurde eine Filmszene in den Hintergrund gepinselt, noch wurden Regisseur und Kameramann genannt. Anders bei „Der Fremde im Zug“, wo nicht mit den relativ unbekannten Schauspielern Farley Granger und Robert Walker geworben wurde, sondern gleich mit dem größten am Film beteiligten Star, dem Regisseur Alfred Hitchcock.
Zwangsläufig wiederholen viele der Plakate die Stereotypen des Kinos. Die Garbo gab–s nur als Portrait, die Dietrich mußte ihre Beine herhalten und die Bardot selbstredend die Lippen aufstülpen. So besetzen auch die Filmplakate die Vorstellungen von Schauspielern, die durch das Kino in mythische Höhen getrieben wurden. Schließlich bleibt nach dem Kinobesuch nur eine Erinnerung - und im Foyer ein letzter Blick auf das Plakat.
Neben den Plakaten aus Hollywoods großer Zeit bietet die Ausstellung auch einen Rundgang durch die Bremer Kinogeschichte. Fotos, Dokumente und mit Lämpchen auf dem Stadtplan markierte Standorte der Kinos zeigen ein Stück vergangener Bremer Kinokultur. Ursula Prückner
Bis zum 25.4. im Medienzentrum Walle, Waller Heerstraße 46, tägl. ab 14 Uhr, So. ab 12 Uhr, geöffnet bis zur letzten Kinovorstellung.
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