piwik no script img

PortraitDer hätschelnde Tastenkünstler

Er ist so wütend. „Ich kann das Gerede, die Polizei habe provoziert, nicht mehr hören.“ Das hat der Hamburger Pianist Sebastian Knauer über den G-20-Gipfel gesagt. Mit dieser Haltung befindet er sich derzeit in illustrer Gesellschaft: Auch Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) und Polizei-Gesamteinsatzleiter Hartmut Dudde verdrängen gerade, dass nicht nur Autonome, sondern auch Polizisten Gewalt ausgeübt haben. Doch nur zu linker Gewalt müsse man jetzt „Stopp“ sagen, findet Knauer.

Ob sich Gewalttäter jedweder Couleur allerdings ausgerechnet durch feinsinnige Klaviermusik beeindrucken lassen, steht dahin. Aber so konkret meint Knauer es ja nun auch nicht. Er will vielmehr den gescholtenen Polizisten Danke sagen, ihnen mal was Schönes bieten, ein Trostpflaster eben: 1.000 der 20.000 G-20-Polizisten sind am morgigen Donnerstag kurzfristig zum Knauer-Konzert in die Elbphilharmonie geladen.

Ob das Knauers Idee war oder die des Hamburger Abendblatts, ist nicht ganz klar. Fakt ist jedenfalls, dass der 45-Jährige, der schon mit 14 Jahren öffentlich auftrat und dem die Feuilletons überragende Technik und Stilsicherheit etwa bei Mozart und Beethoven attestieren, noch nie in der Elbphilharmonie gastierte.

Dabei ist er ein flexibler Musiker und Planer, der nicht nur das gängige Repertoire beherrscht, sondern auch schon mit der NDR-Bigband Jazziges spielte und die Reihe „Wort trifft Musik“ erfand. Sogar sein eigenes Mozart-Festival hat der Sohn des Ex-NDR-Kulturchefs Wolfgang Knauer in Augsburg gegründet. Und dass der international gefragte Pianist auch beim Schleswig-Holstein-Musik-Festival und beim Musikfest Bremen auftritt, versteht sich.

Als einer, der sich auch politisch einmischt, ist Knauer dabei zwar noch nicht aufgefallen. Doch am Donnerstag wird er – sowie weitere, spontan akquirierte Musiker – mit noch unbekanntem Programm ohne Gage spielen. Das alles hat er dem Hamburger Abendblatt ausführlich erklärt. Für ein Kurz-Interview mit der taz, die den ­G-20-Polizeieinsatz eher kritisch sieht, hatte er aber dann keine Zeit. So kurz vorm Konzert „ist er einfach total busy“, sagte eine Sprecherin. PS

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen