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PortraitDer Strandkorb-Stolperer

Die Ruhe, mit der das autofreie Baltrum um Touristen wirbt, umgibt Bürgermeister und Kurdirektor Berthold Tuitjer gerade nicht. Seit im Juni herauskam, dass aus einer der Haupteinnahmequellen der ostfriesischen Insel, der Vermietung von 698 Strandkörben, für das Jahr 2013 ungefähr 100.000 Euro zu fehlen scheinen, ist es für Tuitjer vorbei mit dem ruhigen Inselleben. Unterschlagung sagte man im Rathaus, Vertrauensbruch sagte der 45-jährige Tuitjer und beantragte seine Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand. Das lehnte der Inselrat am Mittwoch einstimmig ab.

2013 suchten die 475 Baltrumer einen Kandidaten für den Bürgermeisterposten, einer vom Festland sollte es sein. Tuitjer war damals Verwaltungswirt in Emden, ein „Förster im Schilderwald der Straßenverkehrsbehörde“, wie er sagt. Er wollte beruflich jedoch „mehr in die Tiefe gehen und eine größere Verwendungsbreite haben“. Darum stellte er sich zur Wahl - und gewann.

„Desolater Haushalt, schwierige Verwaltungsstrukturen, personelle Schwächen“, fasst Tuitjer zusammen, was er dann bei seinem Amstantritt vorfand. Fachkräfte ließen sich nun mal nicht einfach für die Insel begeistern und der vorherige Kämmerer habe drei Jahre lang fast keine Arbeit gemacht. Da sei einiges liegen geblieben.

Tuitjer krempelte die Inselverwaltung um. Die Personalverwaltung lagerte er aus, die Finanz- und Buchhaltung ebenso. Die Zusammenarbeit mit dem Inselrat beschreibt er eigentlich als gut. „Wir sind viele schwierige Dinge angegangen“, sagt er.

Umso überraschter sei er gewesen, als man ihm „wegen einer Sache im ersten Amtsjahr“ und in Anbetracht der desolaten Lage in den Rücken fiel. Die angeblich fehlenden 100.00 Strandkorb-Euro seien „lediglich eine Vermutung, die auf einfachen Rückrechnungen basiere“.

Die Abstimmung des Inselrates am Mittwoch sieht Tuitjer nun als einen Vertrauensbeweis. Man wolle wohl doch, dass er weitermache. Und er will das auch. Um das Strandkorb-Mysterium aufzudecken, hat er jetzt den neuen Kämmerer beauftragt, sich die Strandkorb-Einnahmen der vergangenen zehn Jahre noch mal anzusehen. Robin Grützmacher

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