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PortraitEin Moderator der leisen Erneuerung

■ Hans Joachim Meyer

Seine Wahl fiel deutlich, wenn auch nicht einmütig aus: Hans Joachim Meyer, seit 1990 Wissenschaftsminister in Sachsen, bekam bei seiner Wahl zum neuen Präsidenten des Zentralkomitees der Deutschen Katholiken (ZdK) 132 Jastimmen, 26 votierten gegen ihn, weitere 26 enthielten sich.

Meyer war der Wunschkandidat der deutschen Bischöfe, weil der gebürtige Rostocker nicht als Eiferer gilt. Er kann, heißt es, sowohl mit konservativen als auch mit liberalen Vertretern dieser zweitgrößten Glaubensgemeinschaft der Republik sprechen. Innerhalb des Dresdner Regierungsgeheges hat sich Meyer seit seiner Wahl zum obersten sächsischen Sachwalter der Wissenschaften als trockener, bisweilen fader Apparatschik profiliert.

Das gefällt seinem Chef Biedenkopf. Nicht nur, weil Sachsens „König Kurt“ um so heller strahlen kann. Vor allem aber, weil der (parteilose, aber der CDU zugeneigte) Philologe – der 1970 mit einer Arbeit über die Semantik englischer Verb-Partikel-Kombinationen promovierte – es versteht, die eifersüchtelnden Kämpfe um Titel und Tantiemen im Hochschulsektor ohne Gesichtsverlust zu moderieren.

Nicht zuletzt wegen seiner Weigerung, wie von CDU- Hardlinern (und ehemaligen Blockflöten) gefordert, die einstigen DDR-Hochschulkader rigoros auszumisten, genießt Meyer bei allen Parteien im Sächsischen Landtag Respekt. Seine Hochschulpolitik begreift der 60jährige als Modernisierung: Er befürwortet eine stärkere Ausrichtung an Lehrerfordernissen ebenso wie die Prüfung der Professoren durch die Studierenden: Wissenschaft dürfe sich nicht in Elfenbeintürme zurückziehen, so Meyer.

Dieser eher weltzugewandte Blick verhalf dem einstigen Hilfsarbeiter im Lokomotivbau Babelsberg – wo er nach seiner Relegation 1958 „wegen mangelnder Verbindung zur Arbeiterklasse“ von der Akademie der Staats- und Rechtswissenschaften in Potsdam jobbte – zum höchsten Amt, das katholische Laien zu vergeben haben.

Er will, als Christ in der DDR gewohnt, „aus einer Minderheitenposition heraus zu wirken“, auf „Erneuerung drängen“. Hierzu zählt für ihn, die „Wertegrundlage des Miteinanders“ zu beleben wie auch das „bewährte“, aber „brüchige soziale und politische Modell“ zu retten. JaF

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