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Portrait Jürgen GroßmannDer Pro-Atom-Kurs-Mann

Der Vorstandschef von RWE kämpft für den Weiterbetrieb der deutschen Atommeiler. Dabei geht er sogar juristisch gegen das Moratorium vor.

"Dinosaurier des Jahres 2010": RWE-Vorstandsvorsitzender Jürgen Großmann. Bild: reuters

Der Mittwoch wird ein anstrengender Tag für Jürgen Großmann. Vor und in der Essener Grugahalle erwartet den Vorstandschef von RWE ein stürmischer Empfang. Anti-AKW-Aktivisten wollen versuchen, die Jahreshauptversammlung des Energiekonzerns zu blockieren. Falls es Großmann dennoch in die Halle schafft, wird er sich manch kritische Frage gefallen lassen müssen. Denn auch unter den Aktionären wächst der Unmut über sein starrköpfiges Festhalten an der Atomenergie.

Kompromisslos steht der 59-jährige gebürtige Mülheimer, der Eisenhüttenkunde und Wirtschaftswissenschaften studiert und seine Karriere bei dem Stahlunternehmen Klöckner-Werke begonnen hat, auch nach Fukushima weiter auf Pro-Atom-Kurs. "Wir sind keine Kreuzritter der Kernenergie" und RWE sei auch "nicht auf Krawall" gebürstet, beteuert Großmann zwar in Interviews.

Gleichwohl kämpft der einstige Skatbruder Gerhard Schröders derzeit wie kein anderer der AKW-Bosse für den Weiterbetrieb der deutschen Atommeiler, die den Konzernen Milliardengewinne in die Kassen spülen. So geht denn auch RWE als einziger der vier großen Energiekonzerne juristisch gegen das Moratorium von Bundeskanzlerin Angela Merkel vor, hat Klage gegen die vorübergehende Abschaltung von Biblis A eingereicht.

Von seinem Kurs lässt sich Großmann auch nicht durch interne Berechnungen abbringen, nach denen eine Abschaltung der beiden Biblis-AKWs sich mittelfristig sogar positiv auf das RWE-Ergebnis auswirken könnte, weil dadurch der Strompreis ansteigen und davon die nur teilweise ausgelasteten RWE-Kohlekraftwerke profitieren würden. Schließlich plädiere er "seit Längerem für die Verlängerung der Laufzeiten und sehe keinen Grund, dies nun zu revidieren".

Der Milliardär, seit 2007 an der RWE-Spitze, scheut keine Auseinandersetzung. Als er Anfang April vom Naturschutzbund Deutschland zum "Dinosaurier des Jahres 2010" gekürt wurde, nahm der Zweimetermann, der Mitglied gleich zweier pflichtschlagender Studentenverbindungen ist, den Schmähpreis persönlich entgegen. Großmanns kämpferischer Kommentar: "Das Spiel ist zu Ende, wenn es abgepfiffen ist."

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6 Kommentare

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  • N
    Normverbraucher

    Natürlich muss Großmann an seinem strikten Kurs festhalten, denn er vertritt sein Unternehmen und dies hat wie alle AG nur ein Ziel - Wachstum. Die Aktionäre erfreut es, denn in den Zeiten, in dem das "Restrisiko" nicht relevant ist, bedeutet dies Rendite und somit Kapitalzuwachs. Und jetzt mal ehrlich, wer von uns hätte nicht gerne mehr in der Tasche.

    .

    Jedoch hat die ganze "Strategie" ein kleinen Haken. Bodyguards schützen evtl. vor den von AKW-Befürwortern gerne als "Querulanten" bezeichneten AKW-Gegnern, im Ernstfall jedoch dürften weder Personenschutz noch Kapital ausreichend sein, um sich vor den Folgen eines Atomunfalls zu schützen.

    .

    Und wem das zu weit hergeholt ist, da ja dt. Atomkraftwerke so sicher sind, der sollte sich als Bürger der BRD mal darüber erkundigen, wer die Kosten für sämtliche Einrichtungen wie u.a. "Endlager", Zwischenlager, etc. übernimmt, wenn diese geschlossen werden.

    .

    Vielleicht geht vielen dann ein Licht auf, warum Atomstrom vermeintlich günstig ist.

  • H
    hanfbauer

    Wenn das Spiel laut Großmann bis zum Abpfiff dauert, dann wird sich schon jemand finden, der es abpfeift. Wenn sich die Heuschrecken unter den RWE-Aktionären mit den Kommunen in NRW zusammentun kann auch Großmann bei RWE aussteigen und zwar schnell...

  • L
    Libertiner

    Ein Zwei-Meter- Mann! Was könnte der mit seiner Statur Steine klopfen-, und würde so die Menschheit nicht gefährden. Dieser Menschentyp braucht weniger Gehirn um Erfolg zu haben, weil seine Statur ausreicht um zu ihm aufzuschauen. Nicht klagen lassen, sondern einsperren müsste man den". Um des Profit willens wird das Leben von Menschen in Kauf genommen. Wo leben wir hier eigentlich?

  • WS
    Wir sind das Volk

    Letztendlich muss er der Verpflichtung gegenüber seinen Aktionären nachkommen - oder gehen.

     

    Oder wie sagte es schon Gorbi:

    Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben.

     

    Während Frankreich die Umwelt in geologischen Zeiträumen atomar vermüllt, kann unser Land ein Signal für eine andere Richtung geben.

     

    Wer sich dem widersetzt hat an der Konzernspitze nichts zu suchen, da er Veränderung nicht erkennen kann (oder will).

     

    Politsich ist der Ausstieg schon lange gewollt aber Merkel & Röttgen haben ohne Not den bestehenden Kompromiss aufgelöst und damit den Konezernen Spielräume gegeben die diese nun auf Kosten der Steuerzahler ausnutzen werden.

    Damit hat sich diese Regierung (mal wieder) als unfähig erwiesen, sich grundlegend zu ändern.

  • RM
    Reimar Menne

    Netter Hinweis auf Skat-/Gesinnungsbruderschaft mit Gerharz4schroeder. Diese modernen Archetypen einer bis in die Verästelungen des Denkens von der Gleichsetzung des eigenen Nutzens mit dem allgemein Nützlichen durchdrungenen Lebensart mit ihrem speziellen Lustgebaren gegenüber Politik und Macht sind natürlich nicht so kurios weil sie selten sind: mich interessieren sie als brandaktuelle Erscheinungsformen (m)einer egoistischen Schattenseite des hochqualifizierten Denkens. (Deshalb würde ich gerne mehr über ihresgleichen lesen).

  • S
    Sebastian

    Ich bin kein AKW Befuerworter. Ich habe jedoch einigen Respekt dafuer, dass Herr Grossmann nicht wie die meisten seine Fahne in den Wind haengt sondern seinen Ueberzeugungen treu bleibt. Die Faktenlage zu der Sicherheit von AKWs hat sich seit Fukushima nicht geaendert. Wer vorher den SuperGAU in einer Industrienation fuer unmoeglich hielt, war entweder blind oder ein Heuchler. Das Risiko war bekannt, nun ist es passiert.