Porträt: Ein Gefühlsmensch fürs Erfolgskino
■ Joseph Vilsmaier
Jetzt hat er also beim Deutschen Filmpreis 1998 wieder einmal abgeräumt, der Joseph Vilsmaier aus München. Der Preis für die beste Regie wurde es nicht, aber das Filmband in Gold für den besten Film. Ulrich Noethen, sein Darsteller des Gründers der „Comedian Harmonists“ Harry Frommerman, bekam das goldene Band als bester Hauptdarsteller, Meret Becker für die beste Nebenrolle, Rolf Zehetbauer fürs Szenenbild, Cutter Peter R. Adam für den Schnitt. Das macht summa summarum fünf Preise und fühlt sich – für deutsche Verhältnisse – schon fast nach dem großen Schiffsuntergang an.
„Titanic“ ist genau das Thema für Joseph Vilsmaier. Er hätte den Film gemacht, wäre er 1939 in den USA und nicht in München geboren worden, als Kind einfacher Leute. Mit „Stalingrad“ (1993) hat er sich ja auch an der Katastrophe versucht. 20 Millionen Mark kostete die „größte Panzerschlacht der deutschen Filmgeschichte“ (Produzent Hanno Huth), die im Einspielergebnis allerdings eine weitere Niederlage bedeutete. Mit „Herbstmilch“ (1988) und „Rama Dama“ (1990) hatte er schon Erfolge eingefahren, der Mann, der mit 50 Jahren bemerkenswert spät in seine Regiekarriere startete. Fast 30 Jahre arbeitete er da schon für die Bavaria, zuletzt mehr als fünfzehn Jahre als Kameramann. Und dann verguckte er sich in Anna Wimschneiders Bestseller „Herbstmilch“ und stemmte das Projekt alleine, weil niemand bei der Bavaria an den Regisseur Vilsmaier glaubte. 2,5 Millionen Zuschauer sahen den Film in den Kinos. Der Regisseur und seine Darsteller wurden mit Auszeichnungen überschüttet. So ist es in den folgenden zehn Jahren, bis gestern abend, geblieben. Geblieben ist auch seine Vorliebe für Bestsellervorlagen wie Robert Schneiders „Schlafes Bruder“ (1995). Geblieben ist sein Instinkt für gute Kino-Themen. Geblieben ist sein eher rustikales Erzählen, seine Rücksichtslosigkeit gegenüber dem historischen Hintergrund, vor den er seine Dramen mit Vorliebe ansiedelt. Die feineren dramaturgischen Volten, die intelligente Geschichtsaufarbeitung finden sich bei ihm nicht. Er ist eben ein „wahnsinniger Gefühlsmensch“. Damit kommt man im Kino schon ganz schön weit.
Der Regiepreis ging gestern übrigens an Wim Wenders. Brigitte Werneburg
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