Porträt Vassilis Palaiokostas: Der Gangster mit dem Helikopter-Trick
Vassilis Palaiokostas, 42, ist seit seinem Gefängnisausbruch von 2006 Griechenlands prominentester Gangster. Jetzt hat er seinen Trick wiederholt. Das Land ist fassungslos.
Air Korydallos heißt im griechischen Volksmund der Helikopter-Service, mit dem sich einsitzende Schwerverbrecher aus dem Gefängnis abholen lassen können. Natürlich nur, wenn sie genug Geld haben, denn es ist keine Billigfluglinie, die regelmäßig das Gefängnis in Korydallos, einem Stadtteil von Piräus, anfliegt.
Knapp 10.000 Euro dürften die Komplizen von Vassilis Palaiokostas bezahlt haben, um ihren Boss zum zweiten Mal von Korydallos abzuholen - mit derselben Methode. Ein gemieteter Hubschrauber schwebt über den Block C des Hochsicherheitstrakts ein, lässt eine Strickleiter herab und nimmt seine Passagiere an Bord: Palaiokostas und seinen albanischen Komplizen Alket Rizai.
Palaiokostas hatte seine Karriere als Lehrling seines älteren Bruders begonnen, der bereits eine Berühmtheit der Athener Unterwelt war, ehe er den ersten Airlift für Vassilis organisierte. Der jüngere Palaiokostas und sein albanischer Kumpel hatten im Gefängnis von Kerkyra langjährige Haftstrafen abzusitzen, zu denen sie wegen 16 gemeinsamer Raubüberfälle verurteilt worden waren. Nach Korydallos wurden sie nur verlegt, weil sie gestern vor Gericht stehen sollten - wegen ihres ersten Ausbruchs im Juni 2006.
Dass sie am Tag vor diesem Prozess ihren zweiten Airlift organisieren konnten, macht die griechische Öffentlichkeit wieder einmal fassungslos. Das Wort Bananenrepublik ist erneut in aller Munde. Zyniker verweisen darauf, dass am Samstag eine gewisse Reaktion des Gefängnispersonals zu verzeichnen war. Im Juni 2006 hatte sich niemand um den Airlift gekümmert, weil die Wachleute annahmen, da kämen unangemeldet Gefängnisinspektoren eingeschwebt. Dieses Mal hörte man, als der Helikopter mit den Ausbrechern und ihren Helfern abhob, ein paar Schüsse. Einer stammte von einem Polizisten, der sich in die Hand schoss.
Auch beim zweiten Ausbruch gehen alle Beobachter davon aus, dass Palaiokostas und Rizai das Gefängnispersonal bestochen haben. Anders wäre kaum zu erklären, dass die berühmtesten Ausbrecher Griechenlands sich im Hof des Trakts C verabreden konnten.
An Geld für die Entlohnung von Wächtern und die Bezahlung des Helikopters fehlt es den beiden nicht. Nach dem ersten Ausbruch hatte die Bande von Palaiokostas den Industriellen Giorgos Mylonas aus Thessaloniki entführt. Von dem kassierten Lösegeld in Höhe von 11 Millionen Euro konnte die Polizei, nachdem sie Vassilis Palaiokostas im August 2008 gefasst hatte, nur knapp 6 Millionen auffinden. Mindestens 5 Millionen Euro blieben verschwunden. Jeder Grieche wird sich jetzt ausrechnen, wie viele weitere Ausbrüche die Gangster finanzieren können.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Interner Zwist bei Springer
Musk spaltet die „Welt“
Deutsche Konjunkturflaute
Schwarze Nullkommanull
Nach dem Anschlag von Magdeburg
Wenn Warnungen verhallen
Kaputte Untersee-Datenkabel in Ostsee
Marineaufgebot gegen Saboteure
BSW-Anfrage zu Renten
16 Millionen Arbeitnehmern droht Rente unter 1.200 Euro
Psychiater über Kinder und Mediennutzung
„Die Dinos bleiben schon lange im Schrank“