Porträt Robert Plant: Gnaden-Grammy für den Altrocker
Robert Plant, 60, Sänger der britischen Rockgruppe Led Zeppelin, tingelt inzwischen mit Alison Krauss, 37, durch US-Clubs. Jetzt wurden sie mit fünf Grammys ausgezeichnet.
Es gehört wahrscheinlich zu den ganz großen Gags dieses an Treppenwitzen nicht eben armen Gewerbes, dass die britische Rockgruppe Led Zeppelin nie einen der begehrten Grammys gewonnen hat. Nicht während ihres Bestehens von 1968 bis 1980, nicht nach ihrer Epoche, nicht einmal für ihren legendären "Das wars jetzt aber wirklich, Freunde!"-Auftritt 2007 in London, für den sich weltweit über 20 Millionen Menschen um die Tickets rissen. Und als sich wegen des großen Erfolgs tatsächlich eine Reunion der Band nebst ausgedehnter Tournee abzeichnete - da scheiterte das Vorhaben am Led-Zeppelin-Sänger Robert Plant, 60. Der ließ die Öffentlichkeit wissen, er sei leider verhindert und tingele lieber mit Alison Krauss durch kleine US-Clubs. Alison … wer?
Alison Krauss, 37, ist das, was man eine "Größe in der Bluegrass-Szene" nennen könnte - wenn die "Szene", die sich mit dieser banjolastigen Spielart des Country beschäftigt, nicht so verschwindend klein wäre. Mit fünf Grammys - darunter in den Rubriken "bestes Album" und "beste Single" - sind Alison Krauss und Robert Plant nun ausgezeichnet worden, für ihr nettes und von T-Bone Burnett produziertes Bluegrass-Album "Raising Sands".
Dabei ist die Zusammenarbeit von Altrocker und Volksmusikerin so ungewöhnlich nicht: Schon 1970 veröffentlichten Led Zeppelin mit "III" ein stark an Folk orientiertes Album, und während seiner Karriere erlaubte sich Plant immer wieder mal Abstecher ins Obskure, Volkstümliche - also nach Marokko oder ins Mississippi-Delta, woher auch Led Zeppelin ihre Orientalismen oder ihren Blues bezogen. Dazu dichtete Robert Plant bisweilen hippieske Texte, die sich stellenweise an J. R. R. Tolkien orientierten - und noch dümmlicher waren als der traditionelle Sexismus, mit dem er sonst reüssierte: "Squeeze me baby, til the juice runs down my leg".
Nicht nur sein literarisches Erbe und sein druckvoll-effemierter Gesang, auch seine physische Bühnenpräsenz mit blonder Mähne, freiem Oberkörper und Hasenpfote in der engen Hose erwiesen sich als stilbildend für den Hardrock. Den Chauvinismus und Satanismus von Led Zeppelin hat Plant in seiner würde- und wechselvollen, von Kritikern aber stets wohlwollend begleiteten Solokarriere längst fahren lassen. Nun ist er also bei der familien- und damit grammytauglichen Unterhaltung angekommen. Alison Krauss hält übrigens den Rekord mit 26 Grammys, was einiges über diesen Preis aussagt.
Immerhin ehrt es Robert Plant, dass er das auch weiß: "In alter Zeit", scherzte er bei der Verleihung, "hätten wir das Ausverkauf genannt, aber ich denke, es ist eine gute Art, den Sonntag zu verbringen."
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Das Weihnachten danach
Sport und Krieg in der Ukraine
Helden am Ball
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Krieg in der Ukraine
„Weihnachtsgrüße“ aus Moskau
Flugzeugabsturz in Kasachstan
War Russland schuld?