Porträt Milan Milutinovic: Milosevic' unschuldiger Handlanger
Das Haager UN-Tribunal sprach am Donnerstag Serbiens Expräsident Milan Milutinovic frei. Der 66-Jährige, angeklagt wegen Kriegsverbrechen im Kosovo, hatte sich 2003 dem Gericht gestellt.
Sein Gesicht ist glatt und erzählt wenig von seinem Leben. Milan Milutinovic ist auch nicht jemand, der aneckt und für eigene Gedanken und Vorstellungen kämpft. Da gibt es andere Gestalten in der serbischen Politik, Zoran Djindjic oder auch Vuk Draskovic zum Beispiel, die jeder auf seine Art durch Höhen und Tiefen gegangen sind, sich aber immer für ihre Positionen eingesetzt haben. Milutinovic tat dies nicht - wohl auch ein Grund, dass er vom UN-Tribunal nicht als treibende Kraft für die Verbrechen im Kosovo verurteilt wurde. Der 1942 in Belgrad geborene brave Parteiarbeiter und widerspruchslose Erfüllungsgehilfe seines Chefs, Slobodan Milosevic, machte, was ihm gesagt wurde. Milutinovic legte eine Bilderbuchkarriere im Sozialismus hin.
Nach dem Studium in Belgrad wurde er Abgeordneter in der Kammer der sozialpolitischen Organisationen und dann Mitglied der Kommission für Außenpolitik der Nationalversammlung. Er kümmerte sich um Bildung und Wissenschaft und wurde Direktor der serbischen Nationalbibliothek. Milutinovic hatte den Rang eines Botschafters des Außenministeriums inne und ging schließlich als serbischer Botschafter nach Griechenland. Am 15. August 1995 wurde er Außenminister.
Am 21. Dezember 1997 wählte das Volk ihn zum Präsidenten Serbiens. Milosevic brauchte wegen des Wahlgesetzes einen Statthalter, er übernahm das Amt des Präsidenten "Jugoslawiens" - damals Föderation von Serbien und Montenegro.
Sein Aufstieg zum serbischen Präsidenten im Dezember 1997 wurde somit zum Pech Milutinovic. Denn er erklomm zu jener Zeit den Gipfel der Macht, als der Kosovokrieg vorbereitet wurde. Jetzt musste er für die serbischen Verbrechen im Kosovo 1998/99 geradestehen.
Als Präsident Serbiens wird ihm aber nur eine moralische Verantwortung für die Zerstörung unzähliger Dörfer, den Mord an Tausenden, die Vertreibung von mehr als 800.000 Albanern und die Vergewaltigungen durch die serbische Soldateska zugeschrieben.
Die Frage, ob er, wie die Anklage behauptet, die Terrorkampagne selbst betrieben hat, beantwortete das Gericht negativ. Er hatte formell die Macht, den Gang der Dinge zu bestimmen. Er war über alle Vorgänge und Aktivitäten der Sicherheitskräfte informiert, konnte Notstandsmaßnahmen verfügen und hatte die Kompetenz, eine Regierung zu bilden und bürgerliche Rechte einzuschränken.
Ein hochkarätiger Mitläufer. Hätte er einmal Nein zu Milosevic gesagt, hätte er sich viele Probleme ersparen können. Jetzt kann er seine nicht gerade knapp bemessene Rente in Ruhe genießen.
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