Porträt Franziska Wittig: Die unbeugsame Aktivistin
Landebahn Frankfurt, Kohlekraftwerk Moorburg, Castortransport: Für ihre Protestaktionen musste Franziska Wittig sogar in den Knast. Jetzt kommt sie frei.
Sie hing beim Landebahnprotest in Frankfurt in den Bäumen und besetzte die Kraftwerksbaustelle in Moorburg. Doch ihre spektakulärste Protestaktion brachte sie für 69 Tage in den Knast: Weil sie 2008 mit einer Ankettaktion den Castortransport an der deutsch-französischen Grenze für 12 Stunden aufhielt, verbrachte Franziska Wittig die letzten Monate in der JVA Frankfurt III.
Am heutigen Mittwoch, pünktlich vor Weihnachten, wird sie aus der Haft entlassen. Aber statt auf das Fest der Liebe will sich die 29-Jährige auf neue Widerstandsaktionen vorbereiten.
"Knast oder die Drohung mit Knast sollte nicht grundlegend davor abschrecken, die Dinge zu tun, die man für richtig hält", sagt Wittig. "Meine Strafe sollte eigentlich bezwecken, dass mein Widerstand gebrochen wird. Aber dieser Strafzweck ist bei mir nicht mehr erreichbar. Deshalb sind auch die Strafen überflüssig."
Das sind die letzten Sätze, die sie bei ihrem letzten Ausgang vor einer Woche sprach. 8 Stunden pro Woche durfte Wittig im offenen Vollzug auch Freigang haben. Ansonsten schrieb sie Briefe an die Fangemeinde - die tippte dann ab und druckte Wittigs Schreiben im "Knastblog".
Kaum eine politische Station ausgelassen
Geldstrafen bezahlt Wittig, die auf einem Bauwagenplatz in Rüsselsheim wohnt und gerne lacht, aus Prinzip nicht. Und so wandert Wittig, wenn es ums Prinzip geht, für ihre Protestaktionen lieber in den Knast.
Damit gehört die gelernte Buchhändlerin einer politischen Riege an, die längst nicht mehr aus Einzelnen besteht: "Inspiration" fand Wittig, wie sie sagt, in der Projektwerkstatt Saasen, jenem Widerstandsnest bei Gießen, in dem sich auch andere Protestbekanntheiten sammeln.
Und wie sie hat auch Wittig kaum eine politische Station ausgelassen: Bei Attac war sie aktiv und in der Clownsarmee, und immer wieder fiel sie mit Kletteraktionen mit Robin Wood- und Anti-Atom-Bannern auf. 2008 lebte sie im Hüttendorf am Frankfurter Flughafen, im Protest gegen eine neue Landebahn. Ab morgen hat sie "wieder Zeit für das Wesentliche".
Ein nächster Termin steht bereits an: Für Februar ist in Berlin ein neuer Prozesstag angesetzt, wegen einer Anti-Gentechnik-Aktion im September 2009. Das ist wieder Prinzipiensache, versteht sich.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
„Freiheit“ von Angela Merkel
Die Macht hatte ihren Preis
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Berliner Sparliste
Erhöht doch die Einnahmen!