Port Package: Wettbewerb um jeden Preis

Mit einer neuen Verordnung will die EU-Kommission den Wettbewerb zwischen den Häfen anstacheln. Gewerkschaften befürchten Marktradikalismus.

So könnte es bald wieder werden: Schon 2006 protestierten Hafenbeschäftigte (wie hier in Hamburg) in allen norddeutschen Hafenstädten gegen die damals geplante EU-Hafenrichtlinie "Port Package II". Bild: dpa

HAMBURG taz | Aller schlechten Dinge sind drei. Zum dritten Mal versucht derzeit die EU-Kommission, die Hafenpolitik in Europa zu liberalisieren. Und zum dritten Mal werde sie auf den erbitterten Widerstand aller europäischen Transportarbeiter-Gewerkschaften stoßen, kündigt Thomas Mendrzik an. Die Pläne seien „radikaler Marktliberalismus ohne Rücksicht auf soziale Kollateralschäden“, sagt der Vorsitzende der Fachgruppe Häfen bei der deutschen Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di bei einem Pressegespräch im Hafen-Klub Hamburg.

Mit dem dritten Entwurf einer Hafenverordnung (Port Package III) will die EU-Kommission den neuerlichen Versuch unternehmen, die Hafendienstleistungen in der gesamten Europäischen Union – und damit auch in allen norddeutschen Häfen – dem Wettbewerb um jeden Preis zu unterwerfen. Knackpunkte sind die europaweite Ausschreibung von Lotsen- und Schleppdiensten sowie von Ausbaggerungsarbeiten, die Senkung der Mindestvoraussetzungen bei Sozial- und Umweltstandards für Dienstleister, die Vereinheitlichung von Hafengebühren und eine Einschränkung des Streikrechts der Beschäftigten.

2001 war im Europa-Parlament ein erster Entwurf einer Hafenrichtlinie gescheitert, 2006 fand auch Port Package II (siehe Kasten), das unter Federführung des damaligen Hamburger Europaabgeordneten Georg Jarzembowski (CDU) entwickelt worden war, keine Mehrheit. Im Vergleich dazu ist der neuerliche Entwurf etwas entschärft worden: Die Ausschreibungspflicht für Terminalbetreiber ist entfallen, ebenso das sogenannte Cargohandling – die Be- und Entladung durch die Schiffsbesatzungen, nicht mehr durch die örtlichen Logistikfirmen.

Der zweite und bislang letzte Entwurf einer EU-Hafenrichtlinie - Port Package II - wurde am 18. Januar 2006 im Europaparlament mit knapper Mehrheit abgelehnt.

Ziel der Richtlinie war es, den Wettbewerb zwischen den großen europäischen Häfen und innerhalb der Häfen zu verschärfen. Dadurch sollten die Effizienz erhöht, die Preise gedrückt und der Im- und Export verbilligt werden.

Als Instrument war vor allem die Ausschreibung aller Leistungen vorgesehen. Konzessionen für das Lotsen, Schleppen und den Güterumschlag sollten nur noch befristet vergeben und alle paar Jahre weltweit ausgeschrieben werden.

Die Besatzungen selbst sollten die Schiffe löschen und beladen dürfen - anstelle der Hafenarbeiter.

„Wir haben ja schon zwei Mal Schiffbruch erlitten“, räumt Matthias Ruete ein, Generaldirektor Verkehr bei der EU-Kommission. Deshalb sei Port Package III „ein Vorschlag mit Augenmaß“. Die Triebfeder für die EU-Kommission sei, „dass Europas Häfen spezifische Regelungen brauchen“, sagt Ruete. Gemeinsame Spielregeln seien in Ordnung, antwortet Knut Fleckenstein, „aber keine Gleichmacherei“.

Der Hamburger SPD-Europaabgeordnete sitzt als Berichterstatter des Europäischen Parlaments zur Hafenpolitik an den parlamentarischen Schalthebeln in Brüssel. Sein aktueller Bericht zum Thema, der nun in den Fraktionen und Ausschüssen debattiert werden muss, sieht deutliche Entschärfungen des Kommissionsentwurfs vor. „Freier Marktzugang ist nicht alles“, sagt Fleckenstein. Hohe Sozial- und Umweltstandards müssten gewährleistet sein, die freihändige Vergabe von Lotsen- und Baggerdiensten komme nicht in Frage und eine Einschränkung von Arbeitnehmer- und Streikrechten sei mit ihm nicht zu machen, sagt der Hafenkoordinator der Sozialisten und Demokraten (S & D), der zweitgrößten Fraktion im Europa-Parlament.

Im Februar nächsten Jahres soll der Verkehrsausschuss in Brüssel über das Päckchen abstimmen, im März abschließend das Plenum. Er habe bereits „Signale“ der Verkehrsminister der EU-Staaten erhalten, sagt Fleckenstein vorsichtig optimistisch, dass diese seinen Bericht unterstützen und nicht den Entwurf der EU-Kommission.

Auch nach Einschätzung der Hafenwirtschaft wäre Fleckensteins Variante „akzeptabel“, sagt Norman Zurke, Hauptgeschäftsführer des Unternehmensverbandes Hafen Hamburg: „Wir haben in Norddeutschland ein gutes Hafensystem, das durch Port Package III nicht verbessert wird, aber auch nicht verschlechtert.“

Gewerkschafter Mendrzik hingegen lehnt Port Package III „grundsätzlich ab, weil wir ein tiefes Misstrauen gegenüber der EU-Kommission haben“. Das wäre vielleicht anders, „wenn es eine Politik des sozialen Europas gäbe“, sagt Mendrzik. „Aber die gibt es nicht.“

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