Pornokonsum im Parlament: Very British porn
Britische Abgeordnete und deren Mitarbeiter versuchten in fünf Monaten 24.000 Mal, auf Sex-Seiten zuzugreifen. Was ist da los in Westminster?
Eine Agenturmeldung aus Absurdistan schaffte es am Montag in zahlreiche internationale Medien: Im britischen Parlament werden Pornos konsumiert. Soso. Schlüpfrige Vorstellungen von Politikern, die mit geöffneter Hose hinter ihrem Schreibtisch sitzen, schleichen sich ungewollt vor das innere Auge. Die Zahl der Zugriffe erscheint hoch: Laut Press Association gab es aus dem Parlamentsgebäude im Zeitraum Juni bis Oktober 2017 mehr als 24.000 versuchte Zugriffe auf pornografische Webseiten.
Doch viele Klicks gingen ins Leere, bereitgelegte Taschentücher blieben unbenutzt. Netzwerkfilter sollen einen Großteil der Versuche blockiert haben, Netzwerkadministratoren scheinen ihre Klientel zu kennen. Was soll uns diese statistische Erhebung sagen? Dass Politiker auch nur Menschen mit menschlichen Bedürfnissen sind? Dass die Briten doch nicht so prüde sind, wie ihnen oft nachgesagt wird?
Ein Blick hinter die Zahlen verrät: Pornosüchtig sind die Politiker, ihre Mitarbeiter und weitere Beschäftigte im Parlament nicht. Zumindest statistisch nicht. Täglich 160 Klicks bei 5.000 Netzwerknutzern, das macht pro Person gerade mal einen Pornoklick pro Monat.
Und: Die Herren – und auch Damen – im House of Commons und im House of Lords scheinen sich am Riemen zu reißen. In den letzten Jahren gab es bereits ähnliche Pressemeldungen, und die fielen drastischer aus: 2012 und 2013 gab es in 14 Monate 300.000 Anfragen, 2016 immerhin 113.000. Damals war der September Pornomonat: 32.000 Klickversuche – das Londoner Herbstwetter muss schrecklich schmuddelig gewesen sein.
Praxistest für Pornoblockade
Wie sieht es in Deutschland aus? Die Pressestelle des Bundestages wiegelt ab. Eine Statistik zum Pornokonsum der Parlamentarier? „Gibt es nicht“, und weiter: „Der Bundestag äußert sich zu sicherheitsrelevanten Punkten seiner IT grundsätzlich nicht öffentlich.“ Schade.
In Großbritannien dürfte das Thema nur deshalb wiederkehrend von Interesse sein, weil einst die konservative Regierung unter David Cameron Antipornogesetze vorantrieb. Internetprovidern wollten die Konservativen 2012 vorschreiben, pornografische Inhalte zu blockieren. Verbraucher hätten dann ihrerseits aktiv um eine Freigabe beim Provider bitten müssen – dem Jugendschutz zuliebe. Schön, dass die Pornoblockade bereits im Parlament getestet wird.
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