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Popgeschäft in BerlinMusik ist Trumpf

Pop sticht: Der Umsatz steigt, weiter zieht es die Künstler aus aller Welt nach Berlin. Gerade der musikalische Mittelstand aber hätte gern bessere Karten in dem Spiel.

Popkultur geht gut in Berlin. Hier das Pop-Kultur-Festival 2015 im Berghain. Foto: DPA

Sorgen machen muss man sich eigentlich nicht um die Berliner Musikszene: Die Stadt ist ungebrochen Anziehungspunkt für internationale Künstlerinnen und Künstler. Dass angesagte Musikerinnen wie zuletzt die Produzentin Fatima Al Qadiri, davor die Schweizerin Sophie Hunger, aber auch altgediente Stars wie Tricky nach Berlin kommen, zeigt, dass die Stadt als Musik­standort immer noch top ist.

Faktoren wie gute Arbeitsbedingungen, ständig wachsende Interkulturalität und Internationalität nennen die in der Musikbranche Tätigen auch, wenn es um die Attraktivität des Standorts Berlin geht. Die Möglichkeiten zu kooperieren, zu networken und aufzutreten sind wohl gut wie nie.

Dies spiegelt sich auch in immer mehr sehr gut besetzten Festivals in der Stadt wider. In diesem Sommer gibt es kaum ein Wochenende, an dem nicht ein hochkarätig besetztes Musikfestival über die Bühne geht. Kleinere wie das Krake Festival (27. bis 31. Juli), das By the Lake in Weißensee (6./7. August) oder das Down by the River Festival (6. August). Und natürlich die wiederkehrenden größeren Events wie das Straßenfestival Fête de la Musique jetzt am Dienstag, das Lollapalooza (10./11. September) oder das Ende August startende Festival Pop-Kultur, organisiert vom senatseigenen Musicboard. Die Livemusikbranche wächst.

Auch insgesamt hat die Berliner Musikwirtschaft in den vergangenen Jahren wieder an Umsatz gewonnen. Von allen Kulturbereichen hat die Musikbranche zuletzt am deutlichsten zugelegt, wie Marktforschungen zeigen. Im Kreativwirtschaftsbericht Berlins ist zwischen 2009 und 2012 von 60 Prozent Umsatzsteigerung die Rede, andere Untersuchungen zeigen ähnliche Entwicklungen. 1,861 Milliarden Euro Umsatz machte die gesamte Musikwirtschaft zuletzt. Mit dem gesamten Kultursektor wird heute in Berlin ungefähr so viel Schotter gemacht wie in der Baubranche.

Es gibt aber auch eine andere Seite der Medaille. Denn innerhalb dieser quicklebendigen Szene nehmen immer mehr Akteure ihre eigene finanzielle Situation als prekär wahr. Die Unzufriedenheit mit dem Einkommen, auch das zeigen die Untersuchungen, ist in den vergangenen Jahren beim Gros der Musikschaffenden gewachsen. Eine Tendenz, wie es sie sich in fast allen Kultursparten gibt.

Mehrere Faktoren werden bei den Musikschaffenden immer wieder genannt: Die Digitalisierung und der Siegeszug des Billigstreamings sorgt bei den Musikern und bei den Labels für klamme Kassen, insbesondere im musikalischen „Mittelstand“. Die Livegagen fallen, es ist schwieriger, die Produk­tio­nen zu finanzieren. Gleichzeitig machen immer mehr Menschen Musik. Und speziell in Berlin explodieren die Kosten für Wohn- und Arbeitsräume, die Musikförderung im Popbereich ist recht beschränkt.

Wir haben mit Musikern, Labelmachern und Fördereinrichtungen gesprochen. Und gefragt, was zu tun ist, damit Berlin die Musikstadt bleibt, die sie ist.

Dieser Text ist Teil des aktuellen Schwerpunkts in der Wochenendausgabe der taz.berlin über das Unbehagen Berliner Musiker, an den prekären Rand gedrängt zu werden.

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