■ Polnische Ärzte im Hungerstreik: Anästhesisten fordern vom Staat höhere Löhne
Warschau (taz) – Die Narkoseärzte in Polen haben einen landesweiten Streik ausgerufen. Sie fordern höhere Löhne und eine bessere Ausstattung der Krankenhäuser. Patienten werden nur noch in Notfällen operiert. Gesichert bleibt die Versorgung der Kranken auf den Intensivstationen. In Warschau, Radom, Kattowitz und Kielce sind Anästhesisten im Hungerstreik. Seit einem Jahr schon versuchen sie, auf die dramatische Situation im polnischen Gesundheitswesen aufmerksam zu machen.
Während im Privatsektor die Löhne sich immer mehr dem westlichen Niveau anpassen, müssen die Ärzte in den Krankenhäusern mit 800 bis 1.000 Zloty (umgerechnet 400 bis 500 Mark) vorliebnehmen. Damit ist keine Familie zu unterhalten. Die Ärzte müssen also entweder eine zweite Stelle annehmen, oder sie müssen auf private „Zuzahlungen“ des Patienten pochen.
Daß das „Schmieren“ von Ärzten zum Alltag gehört, weiß in Polen jeder. Auch der stellvertretende Gesundheitsminister, der nur mit den Schultern zuckt: „Für eine Lösung des Problems ist kein Geld da!“ Außerdem, so erklärte Krzysztof Kuszewski auch jetzt wieder, sei der Krankenhausdirektor dafür zuständig.
Diese verfügen nur über ein festes Budget und haben kaum Manövriermöglichkeiten. Zwar könnten sie die Zuzahlungen für andere Ärzte streichen und den Anästhesisten geben, doch dagegen haben sich die Streikenden verwahrt. Zum einen wollen sie ihr Gehalt nicht auf Kosten anderer Gruppen aufbessern, zum anderen wäre diese Summe viel zu gering. Sie fordern je nach Spezialisierungsgrad bis zu 600 Zloty (etwa 300 Mark) mehr Gehalt. Ihre Hoffnungen ruhen dabei auf der neuen Mitte-Rechts-Regierung unter Ministerpräsident Jerzy Buzek. Dieser hat angekündigt, sich gleich nach der Regierungsbildung mit der Reform des Gesundheitswesens beschäftigen zu wollen. Gabriele Lesser
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