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Polizist über Bestrafung von Freiern„Prostitution sollte reguliert werden“

Zuhälterei und Menschenhandel sind schwer zu erkennen. Ist es sinnvoll die Freier zu bestrafen? Das bringt nichts, meint ein Polizist.

Protestaktion von Sexarbeiterinnen in Frankreich: Wie sinnvoll ist das neue Gesetz? Bild: ap
Heide Oestreich
Interview von Heide Oestreich

taz: Herr X, Sie sind Insider aus Polizeikreisen – warum wollen Sie sich nur anonym äußern?

X: Zu politischen Debatten wie der jetzigen äußert die Polizei sich grundsätzlich nicht.

Dann mal informell: Die Unionsfrauen wollen Freier von Zwangsprostituierten bestrafen. Ist das eine gute Idee?

Nein. Es gibt immer das Problem des Nachweises. Schon jetzt können wir Menschenhandel und Zuhälterei nur sehr schwer nachweisen, dazu braucht es die Aussage der Opfer. Und die bekommen wir in der Regel nicht. Das ist den Frauen zu gefährlich.

Wie kann der Freier Zwangsprostituierte erkennen?

Gar nicht. Wir haben in unserer Stadt etwa 500 Prostituierte, die sind offiziell alle freiwillig und ganz legal hier. Und wenn eine blaue Flecken hat, dann ist sie „die Treppe runtergefallen“. Man kann da absolut nichts machen.

Im Interview: X

Ist ein Insider aus Polizeikreisen. Mit Klarnamen darf er sich zu politischen Fragen nicht äußern.

***

Union und SPD wollen rasch gegen Zwangsprostitution vorgehen. Dies sei „eine der ersten Aufgaben“, die die neue Regierung angehen müsse, sagte die stellvertretende SPD-Vorsitzende Manuela Schwesig.

Schwesig räumte zugleich ein, dass das geplante Strafgesetz gegen die Freier von Zwangsprostituierten wegen der schwierigen Nachweisbarkeit unter Juristen umstritten sei. Grüne und Linke äußerten Kritik an dem geplanten Gesetz.

Nun könnte diese Forderung ja als Türöffner dazu dienen, die generelle Freierbestrafung durchzusetzen, wie sie Frankreich gerade diskutiert.

Das ist auch keine Lösung. Wir hatten schon mal das Verbot von Alkohol, und das war keine gute Erfahrung. Da schoss die Kriminalität in die Höhe.

Aber die Schweden scheinen mit ihrem Sexkaufverbot ganz zufrieden zu sein.

Da bin ich nicht so sicher. Denn dass man Prostituierte nun nicht mehr sieht, heißt nicht, dass sie nicht da sind. Das Problem ist, dass man nun ein riesiges Dunkelfeld hat. Und die Illegalität ist auf jeden Fall gefährlicher für die Frauen als ein Land, in dem man Prostitution vernünftig reguliert.

Und wie?

In Belgien kann man ohne die Aussage des Opfers gegen Menschenhändler ermitteln. Es gibt einen Katalog von Indizien. Wenn eins oder zwei davon erfüllt sind, kann die Polizei tätig werden. Eines der Indizien ist etwa die Tatsache, dass der Frau der Pass abgenommen wurde. Ein anderes, dass sie unmenschliche überlange Arbeitszeiten hat oder kaum eine Pause. Das würde uns sehr weiterhelfen. Gut wäre auch, wenn man Prostitutionsstätten zertifizieren würde.Wer da nicht mitmacht, hat auf dem Markt dann ein Problem.

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18 Kommentare

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  • Wenn die Prostituierten immer einen Schein brauchen, so können die Freier bestraft werden, die zu Prostituierten gehen, die keinen Schein vorweisen.

    Damit sollte Zwangsprostitution doch bekämpft werden können.

    Neben der Zwangsprostitution wird damit allerdings auch die Prostitution von Flüchtlingen ohne Aufenthaltserlaubnis bekämpft. Wer dem Tod knapp entkommt, die Hürden nach Deutschland geschafft hat und hier überleben will, muss Geld verdienen. Solche Flüchtlinge werde häufig ausgenutzt. Die Bekämpfung dieser Prostitution ist daher auf der einen Seite richtig, verschlechtert jedoch die Situation der Flüchtlinge ohne Aufenthaltsstatus weiter.

  • R
    Rundregelsatz

    Frage mich, warum man überhaupt über so einen Vorschlag reden muss?!

     

    Dieses Gesetz wird ähnlich wieder Mindestlohn. Wird 2017 eingeführt (vielleicht), der Wert des Lohnes ist bis dahin gefallen (Leben kannst davon dann auch nicht) und die Verantwortlichen können sich schön die Hände reiben, denn mit den Problemen wird dann die Nachfolge-Regierung zu kämpfen haben. Nur die Vorteile (Hoffnung, wir haben was Gutes getan) die dürfen sie jetzt schon einheimsen.

     

    Ich erinnere mich in dem Zusammenhang "gerne" an die Sendung bei RTL vor der Wahl. Als sich Fr.Merkel den Fragen der Wähler ganz "privat" stellte. Da gab es die Rentnerin die völlig aufgelöst war weil sie ihr Leben lang hart gearbeitet hatte und nun von Nichts leben muss. Fr. Merkel sagte ein paar Luftleere Sätze und siehe da: Die Frau war ÜBERGLÜCKLICH! Na, liebe Frau was hat sich denn nun für Sie verbessert? Waren es die Worte, oder folgten wirklich Taten?

     

    Alles in Allem wird sich durch so einen Vorschlag nichts ändern. Die entscheidende Frage: Wie will man Nachweisen, dass die Frau (oder auch Mann, warum redet eigentlich keiner davon?) zur Prostitution gezwungen wird?

     

    Das diese Frage unlösbar ist, dass wissen die Verantwortlichen. Aber halt mal wieder Balsam auf die geschundenen Seelen der Bürger, auch wenn sie WIEDER EINMAL nichts für uns bringen.

     

    Schall und Rauch für die Bürger (denen gefällts ja) - handfestes für die, die ohnehin schon alles haben.

  • B
    Balduin

    Der Begriff "Sexarbeiterin" und wie die Huren damit dargestellt werden, ist entwürdigend.

  • D
    Diogenes

    "..Das ist auch keine Lösung. Wir hatten schon mal das Verbot von Alkohol, und das war keine gute Erfahrung. Da schoss die Kriminalität in die Höhe. .."

     

    Und Rauschgifte sind immer noch verboten. Was sagt die Polizei dazu? Oder ist die Frage zu politisch?

  • S
    Sachlich

    Sachlichkeit ist immer gut. Hier spricht endlich mal jemand, der damit scheinbar wirklich zu tun und damit Ahnung hat. Ich fand die TAZ-Berichterstattung der letzten Wochen etwas einseitig. Sie war klar pro "Prostitution als selbstbestimmter Beruf".

    • B
      Balduin
      @Sachlich:

      Ach so, der Polizist hat "scheinbar wirklich damit zu tun" und hat "damit Ahnung". Die Huren und Freier aber haben nicht damit zu tun und keine Ahnung, oder wie? Sehr "sachlich".

      • S
        Sachlich
        @Balduin:

        Schön, dass sie auf Ihre Fragen auch schon die Antworten selbst geben. Ich nehme mir die Freiheit heraus, das nochmal etwas gerade zu rücken: Hier kommt endlich mal jemand zu Wort, der in seiner hier relevanten Rolle, als Polizist, zu Wort kommt, also als in seiner hier vorgetragenen Rolle nur mittelbar betroffen ist (auszuschließen ist etwa nicht, dass er selbst ab und an Freier ist, aber in dieser ggf. Rolle spricht er hier nicht). Zudem scheint er bereits mehrere Fälle in dieser Rolle "von Außen" beobachtet zu haben... daher die Sachlichkeit. Prostituierte und Freier haben sicherlich auch Ahnung, man sollte sie auch befragen, aber sie sind dann wohl doch subjektiver und eben nicht sachlich. Noch Fragen...?

        • B
          Balduin
          @Sachlich:

          Sie projizieren offenbar Ihre persönliche Abneigung gegen sexuell freizügigere Menschen in diese Diskussion hinein. Daß Sie in der Prostitution grundsätzlich eine Zwangsproblematik sehen, ist Indiz für eine nicht objektive Sichtweise.

          • S
            Sachlich
            @Balduin:

            Abgesehen davon, dass ich nicht gesagt habe, dass ICH eine "objektive" Sichtweise habe, sondern allenfalls der hier zu Wort kommende Polizist in seiner hier relevanten Rolle: Wenn Sie doch bitte mal den geneigten Mitdiskutierenden erläutern könnten, wo es einen Zusammenhang von "Freiheit" und "Prostitution" gibt? In ganz vielen Fällen - nämlich Prostituierte ohne Aufenthaltsgenehmigung oder mit Familie im Osten Europas, die mitversorgt werden muss - kann doch nicht allen ernstes von einer freien Entscheidung die Rede sein??! Sachzwänge sind auch Zwänge. Es widert mich an, dass hier vorgeblich sexuell aufgeklärte oder "freizügigere" Menschen zu Anwälten der Ausnutzung junger Menschen werden. Es mag sein, ich bezweifle das, aber es mag sein, dass es Menschen gibt, die sich wirklich gerne prostituieren. Okay, sollen sie, ich würde das nicht verbieten. Aber hier allen Ernstes zu behaupten, dass Prostitution ein Traumjob oder seine Verwirklichung ein Akt der Befreiung des vom Staate gebeugten und bevormundeten Menschen darstellt... ist lachhaft. Am Rande: Ich habe nichts gegen sexuell freizügigere Menschen (woher wollen Sie eigentlich wissen, wie freizügig ich sexuell bin?!), aber ich habe etwas gegen die Rechtfertigung von (Sach-)Zwängen durch vermeintliche Aufklärer.

  • H
    Hans

    Ein guter Beitrag!

    Zitat: "Gut wäre auch, wenn man Prostitutionsstätten zertifizieren würde. Wer da nicht mitmacht, hat auf dem Markt dann ein Problem."

     

    Ja, genau, eine Zertifizierung und klare Kriterien wie Altersgrenze 21 Jahre für Prostituierte, Kondompflicht etc. - das könnte auch die Grundlage sein, um Freier zu bestrafen. Legal ist Sex mit zertifizierten Prostituierten. Wenn ein Freier Sex mit einer nicht zertifizierten Prostituierten hat, macht er sich strafbar.

    • R
      Ruhender
      @Hans:

      Die Bürokratisierung hat schon so gut wie alle Lebensbereiche pervertiert. Das muß beim Sex nicht auch noch sein. Am Ende werden noch Penisse und Vaginas zertifizeirt und klassifiziert. Dann dürfen nur noch größenklassenkonforme Partner zusammen ins Bett. Am besten wäre es, dann schon die Kinder rechtzeitig anhand dieser Kriterien zu trennen, so daß keine Gefahr besteht, daß sich zusammenmischt, was die Bürokraten so fein säuberlich gesellschaftlich getrennt haben.

       

      Im Ernst: Sex ist Intimsache und sollte es auch bleiben. Prostitution ist eine normale sexuelle Praxis wie etwa Homosexualität und muß endlich von ständiger Diskriminierung befreit werden.

    • @Hans:

      da fehlt nur noch das freier-zertifikat. und natürlich die altersgrenze. sagen wir.... 30?

      • C
        Christian
        @christine rölke-sommer:

        Meinen sie das jetzt ernst? Ich finde nämlich die Idee von Zertifizierung nicht schlecht: Für jeden Sch* in Deutschland braucht man eine Zulassung oder einen Schein, aber bei Prostitution nicht? Man könnte ein gewisses Maß an gesundheitlicher Aufklärung, Sprachkenntnisse und Arbeitsrechtskenntnisse in eine solche Zertifizierung mit aufnehmen.

        • @Christian:

          natürlich. oder wäre es schädlich, wenn nicht nur prostituierte sondern auch freier genauer wüßten, was ein dienstvertrag ist? was eingeschränktes weisungsrecht bedeutet - und was nicht? - zu gesundheitlicher aufklärung und sprachkenntnissen sag ich jetzt lieber nix ;-)

          • H
            Hans
            @christine rölke-sommer:

            In jeder Branche gibt es gewisse Reglementierungen. Das schränkt sicher zu einem gewissen Maß ein, schützt aber auch die Beteiligten.

             

            Auch die Zertifizierung ist in vielen Branchen üblich. Ich kaufe z.B. nur Bioprodukte, die entsprechend zertifiziert sind. Aber als Kunde muss ich mich doch zertifizieren in Bezug auf Bioprodukte.

             

            Warum soll der Freier als Kunde zertifiziert werden? Die Regeln setzen die Branche und gesetzliche Vorgaben. Es ist ein Nachteil für die Prostituierten, dass ihre "Branche" nur minimal verrechtlicht ist.

            • @Hans:

              und ich finde es völlig richtig, wenn auch freier* wissen/lernen, dass eine prostituierte* nicht ihren körper oder teile desselben verkauft und/oder vermietet - sondern in ausübung ihres auch sexuellen selbststimmungsrechts eine handlung vornimmt. wie ich es auch völlig richtig finde, wenn freier* wissen, dass pornoboskos (bordellbetreiber*) keinen eine dazu anhalten können, bestimmte kleidung zu tragen usw.usf. wenn mir danach ist, mich im puff hochgeschlossenen zur vertragsverhandlung zu begeben, dann ist das meine sache.

              dies alles+noch viel mehr zu wissen - nun, da man es den kinderchen in der schule nicht beibringt, muß es halt in freier*zertifizierungskursen geschehen.

              mit verrechtlichung hat das weniger zu tun. dafür aber umso mehr mit aufklärung!

          • G
            gast
            @christine rölke-sommer:

            Cool, diese Rechtskenntnisse kommen mit dem 30. Lebensjahr? Dann habe ich ja etwas worauf ich mich freuen kann.

            Was das Weisungsecht hier zu suchen hat weiß ich nicht, denn Zuhälterei ist doch strafbar oder nicht?

            • @gast:

              erhöhe auf 35!

              die prostituierte* ist nicht hotel mama oder wie sonst manche leutz ihre paradies+haremsfantasien zu nennen+zu leben belieben. das gilt es zu begreifen. und wer es bis 30 nicht begriffen hat, der wird dann eben noch länger warten müssen.