piwik no script img

Polizeikessel war illegal

■ Nach Hamburg und Bremen wurde vom Landgericht Amberg auch gegen einen Schwandorfer Polizeieinsatz entschieden

Nürnberg (taz) - Die Polizeieinheiten, die im Oktober 1986 etwa zweihundert Anti-WAA-DemonstrantInnen in Schwandorf eingekesselt hatten, haben rechtswidrig gehandelt. Das entschied jetzt, nach einem dreieinhalb Jahre andauernden Rechtsstreit, die Dritte Zivilkammer des Amberger Landgerichts. Nach dem „Bremer Kessel“ im Juli 1985 und dem „Hamburger Kessel“ im Juni 1986 wurde damit auch der „Schwandorfer Kessel“ für rechtlich unzulässig erklärt.

Am 17. Oktober 1986, zum Abschluß der damaligen Herbstaktionstage, formierten sich in Schwandorf 400 WAA -GegnerInnen zu einem spontanen, nicht angemeldeten Demonstrationszug. Auch ohne Gewalttätigkeit kam aus dem Polizeiführungsstab, direkt von Polizeipräsident Wilhelm Fenzl, der Befehl, die Demonstration aufzulösen - wenig später dann: „Zug einschließen, niemanden mehr herauslassen.“ Etwa 200 Personen wurden eingekesselt und drei Stunden festgehalten. 186 von ihnen wurden anschließend zur Personalienfeststellung ins 30 Kilometer entfernte Amberg verbracht und erst gegen Mitternacht freigelassen.

Die Polizei begründete ihr Vorgehen mit dem Polizeiaufgabengesetz. Man habe befürchtet, daß aus der Menge heraus Straftaten begangen würden, zumal etwa 30 vermummte Personen im Zug mitgelaufen wären. Dieser Begründung folgte das Gericht nicht. Sowohl ein Verweis auf vorausgegangene Gewalttaten als auch die Teilnahme von Vermummten reichten für eine derartige „Gefahrenprognose“ nicht aus.

Bernd Siegler

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen