Polizeigewerkschaftler über Waffenverbotsforderung: "Verständliche erste Reaktion"
Konrad Freiberg, Chef der Polizeigewerkschaft, will eine Verschärfung der Waffengesetze. Er zweifelt daran, dass sich Kontrollen umsetzten lassen - schon allein wegen Personalmangels.
taz: Herr Freiberg, die deutschen Amokläufe der jüngeren Zeit fanden mit legalen Waffen in den falschen Händen statt. Ist ein Verbot privaten Waffenbesitzes da nicht eine logische Forderung?
Konrad Freiberg: Ich halte eine solche Forderung für eine verständliche erste Reaktion auf ein Unheil wie in Winnenden. Ich finde die Diskussion darüber auch für nachvollziehbar und finde es gut, dass es nun Politiker gibt, die eine Einschränkung des Privatbesitzes fordern oder sich für weitere Sicherheitsanforderungen aussprechen. Kein normaler Mensch versteht, warum man 15 Waffen und 4.600 Schuss Munition zu Hause haben muss.
76 Prozent der Deutschen sind nach einer Umfrage vom Wochenende für ein Verbot.
Nur sagten die Experten bei allen Anhörungen der vergangenen Jahre, es sei nicht realistisch. Wir haben 1,5 Millionen Mitglieder in Schützenvereinen, dazu kommen Jäger, Sammler und so weiter. Wir gehen davon aus, dass 10 Millionen legale Waffen in privaten Händen sind. Ein Privatbesitzverbot würde bedeuten, die Schützenwaffen zentral zu lagern. Wir hätten dann in jedem Dorf mit Schützenverein ein zentrales Waffenlager, das Ziel von Überfällen werden könnte.
Ist das nicht eine Frage der Sicherung, also des Geldes?
Natürlich wäre das baulich alles machbar: Eine Alarmanlage verbände das Lager mit der Polizei, es würden Beton und Stahl eingesetzt. Das Problem entstünde dann, wenn der Hausmeister oder Schützenpräsident - unbewaffnet - käme, um aufzuschließen. Diesen Augenblick würden Kriminelle nutzen.
Die müssen ja nicht allein aufschließen. Bislang zögern die Volksparteien, sich mit der Schützenlobby anzulegen. Was wäre denn Ihr Vorschlag, das Waffenrecht zu verschärfen?
Man möchte aber auch keine Vorschläge machen, die nachher nicht realisiert werden.
Was wäre denn dann eine realistische Variante?
Man könnte ernsthaft prüfen, ob nicht die zentrale Lagerung von Munition ein realistischer Weg wäre. Da haben Sie zwar ein ähnliches Problem mit der Kriminalität wie mit den Waffen, doch in viel geringerem Ausmaß. Wir schlagen auch vor, biometrische Blockiertechniken an Waffenschränken einzuführen. Auch Waffen könnten in naher Zukunft mit Blockiertechniken gesichert werden oder sich gar nur noch mit Fingerabdruck entsperren lassen.
Kanzlerin Angela Merkel möchte die Kontrollen in Privathaushalten verschärfen.
Da bin ich sehr gespannt zu hören, wie und mit welchem Personal das gehen soll. Wir haben noch nicht durchgerechnet, wie viel zusätzliche Beamte nötig wären, um bei zwei bis drei Millionen Haushalten zweimal im Jahr anzuklingeln - doch dürfte es sich um viele hunderte handeln. Abgesehen davon wird sicherlich nicht jeder Waffenbesitzer den Kontrolleur gleich ins Schlafzimmer marschieren lassen, wo er dann in die Nachtschränkchen gucken darf. INTERVIEW:
ULRIKE WINKELMANN
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