Polizeieinsatz gegen Rocker: Verbotene Höllenengel
Fast 500 Polizisten waren nötig, um den Bremer Hells Angels die Verbotsverfügung zuzustellen. Nebenbei haben die Beamten Waffen, Bargeld und Anabolika beschlagnahmt.
Ab sofort sind die Hells Angels in Bremen verboten. Fast 500 PolizistInnen bot der Bremer Innensenator gemeinsam mit den niedersächsischen Behörden auf, um die Verbotsverfügung zuzustellen. „Nebenbei“ sicherten die Beamten Waffen, Anabolika, Kutten, I-Pads und Bargeld.
Die gestern am frühen Morgen durchgeführte konzertierte Aktion ist der bisherige Höhepunkt im Machtkampf der Bremer Behörden mit den hiesigen „Outlaw Motorcycle Gangs“ (OMCG), zu denen auch die Red Devils und die Mongols gehören. Mit letzteren lieferten sich die Angels erst im April eine Massenschlägerei auf der Bremer Disco-Meile, bei der einer der Mongols lebensgefährlich verletzt wurde. Erstmals hatte die Polizei Warnschüsse abgegeben, um der Lage Herr zu werden.
Dieses Ereignis machte nachdrücklich klar, dass die von den Bremer Angels vor einem Jahr verkündete Selbstauflösung eine juristische Finte war, um einem Verbot zuvorzukommen und das Vereinsvermögen zu schützen. Schon im Januar hatten sie einen neuen Verein gegründet – den jetzt verbotenen „Hells Angels MC Bremen“. Die Zahl der in Bremen und Umgebung aktiven Angels wird auf 100 geschätzt und ihre „wirtschaftlichen“ Aktivitäten umfassen Menschen-, Waffen- und Drogenhandel, Prostitution und Schutzgelderpressung. Auch legale Geschäfte wie Fitnesscenter, Security-Dienste sowie Tattoo- und Sonnenstudios zählen zum ökonomischen Spektrum der Angels.
Der staatliche Verfolgungsdruck wurde erst in jüngerer Zeit spürbar. Mehr als 30 Jahre wurden die Angels geduldet und als bärige Rocker romantisiert. Im hannoverschen Steintorviertel galten sie sogar als willkommener Ordnungsfaktor – juristisch unterstützt von prominenten Anwälten wie Götz von Fromberg, der mit Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder bis 2010 eine Bürogemeinschaft unterhielt.
Nun aber ticken die staatlichen Organe anders. Für die gestrige Aktion waren unter anderem deswegen so viele Beamte im Einsatz, weil die Angels seit April kein Vereinsheim mehr haben: Der bisherige „Angel Palace“ am Rand der Innenstadt wurde abgerissen. Die Beamten mussten darum in 17 Wohnungen in Bremen, Delmenhorst, Oldenburg und Neu Wulmstorf vorstellig werden.
Dass ein Vereinsverbot allein weder langt, um die wirtschaftlichen Aktivitäten der Rocker noch deren Gewaltbereitschaft zu unterbinden, zeigt das Beispiel der Bremer Mongols. Die wurden bereits 2012 verboten, weil deren Vereinszweck offenkundig vorgetäuscht war: Die Mitglieder besaßen nicht einmal einen Motorrad-Führerschein. Das wiederum hinderte sie ebenso wenig wie das Vereinsverbot, mit Mietwagen zu Schlägereien in der Bremer Innenstadt vorzufahren.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Unterwanderung der Bauernproteste
Alles, was rechts ist
Rentner beleidigt Habeck
Beleidigung hat Grenzen
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Krieg in der Ukraine
Russland droht mit „schärfsten Reaktionen“
Aktienpaket-Vorschlag
Die CDU möchte allen Kindern ETFs zum Geburtstag schenken