Polizeieinsatz am Hindukusch: Afghanistan wird innere Angelegenheit
Der Innenausschuss des Bundestags diskutiert den Polizeiaufbau am Hindukusch. Der Ruf nach mehr Geld und Anerkennung für deutsche Beamte wird lauter.
BERLIN taz Polizei? Das können wir, sagte 2002 die Bundesregierung und erklärte sich dafür zuständig, in Afghanistan die Polizei mit aufzubauen. Dann geschah erst einmal - wenig. Die deutschen Innenminister fanden nicht, dass sie für Rechtsstaatlichkeit am Hindukusch geradezustehen hätten. In Kabul saß ein Dutzend deutscher Beamter in einem Projektbüro und beriet das afghanische Innenministerium.
Doch hat sich die Bedeutung des nichtmilitärischen Engagements in Afghanistan jetzt auch bei den deutschen Innenpolitikern herumgesprochen. Erstmals befasste sich am Montagnachmittag der Innenausschuss des Bundestags damit, wie in Afghanistan eine zivile staatliche Gewalt entsteht. "Hätten wir uns von Anfang an so um die Polizei gekümmert wie jetzt, hätten wir auf manches militärische Mittel verzichten können", sagte Tom Koenigs, ehemaliger UN-Koordinator in Afghanistan.
Offiziell verfügt die Afghanische Nationalpolizei ANP über - vor allem von den USA ausgebildete - 75.000 Männer und einzelne Frauen. Als einsatzfähig gelten jedoch "weit unter 70.000", erklärte der Sachverständige Peter Horst, Zweitchef der EU-Polizeimission Eupol.
Etwa 60 deutsche Polizisten sind derzeit in Afghanistan eingesetzt - die Hälfte über Eupol, die andere Hälfte im bilateralen Rahmen. Der FDP-Politiker Hellmut Königshaus argwöhnte, die deutschen Beamten säßen fast alle in Koordinierungsstäben, und kaum einer bilde die ANP-Kollegen aus. Na ja, brummelten die Sachverständigen, das sei nicht ganz falsch, Koordination aber nötig, denn Chaos sei ein Hauptproblem vor Ort.
Wie alle Polizeivertreter betonte Eupol-Vize Horst, dass Beamte dringend motiviert werden müssten, sich für einen Afghanistan-Einsatz zu melden - durch Geld und Anerkennung. Es schade dem Ansehen der Mission enorm, wenn die zugesagte Eupol-Personalverdoppelung auf 400 Mann nicht bald klappe. Der neue afghanische Innenminister Atmar habe "eine klare Erwartungshaltung geäußert".
Koenigs warb dafür, die Grenze zwischen Polizei und Militär in Afghanistan nicht so streng zu ziehen wie hierzulande. Das Problem sei meist nicht, ob Militär oder Polizei einen Checkpoint betrieben, erklärte er, "das Problem dort ist vielmehr die Abwesenheit jeder staatlichen Gewalt."
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