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Polizeichef wieder im Amt

■ Chile: Gegen Willen der Regierung

Santiago (IPS) – Der über drei Monate von seinem Amt suspendierte Chef der chilenischen Militärpolizei (Carabineros), General Rodolfo Stange, ist trotz Ablehnung seitens der Regierung gestern von den Streitkräften wiedereingesetzt worden. Stange dementierte zugleich Gerüchte über einen Rücktritt im November.

Der Polizeichef war seit dem 8.April teilweise von seinen Pflichten entbunden gewesen. Richter Milton Jueca hatte ihn und weitere sechs hohe Carabineros beschuldigt, die Ermittlungen über den 1985 begangenen Mord an den kommunistischen Aktivisten José Manuel Parada, Manuel Guerrero und Santiago Nattino behindert zu haben. Das Militärgericht in Santiago lehnte es jedoch in diesem Juni einstimmig ab, gegen Stange und seine Untergebenen ein Verfahren wegen „grober Verletzung der Dienstpflicht“ zu eröffnen.

Verteidigungsminister Edmundo Perez brachte in der vergangenen Woche deutlich zum Ausdruck, daß die Regierung von Staatspräsident Eduardo Frei die für den 18. Juli geplante Wiedereinsetzung Stanges mißbillige. Der Streit um den Polizeichef sei für die Regierung ein „abgeschlossener Fall“, erklärte Perez. Wegen der auf ihm lastenden Vorwürfe erfülle Stange nicht mehr die moralischen Voraussetzungen, um 30.000 Carabineros befehligen zu können.

Frei sind jetzt allerdings die Hände gebunden. Nach der immer noch geltenden Verfassung aus der Zeit der Diktatur von General Augusto Pinochet ist der Staatspräsident nicht befugt, die Führungsspitze der Streitkräfte und der Carabineros umzubesetzen. Die Anwälte der Familien von Parada, Guerrero und Nattino haben allerdings in der vergangenen Woche Klage vor dem Obersten Gerichtshof erhoben, um die Verfahren gegen Rodolfo Stange und die anderen sechs Carabineros erneut aufzurollen.

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