Polizei: Schlägst du mich, film ich dich
Videokameras in Streifenwagen sollen Polizisten vor Gewalt schützen. Bis auf die Grünen sind alle für den Plan von Rot-Rot. Ob die Kameras ihren Zweck erfüllen, weiß keiner.
Der Vorschlag, Videokameras in Streifenwagen zu installieren, stößt mit Ausnahme der Grünen auf Zustimmung. Eine dafür erforderliche Erweiterung des Polizeigesetzes hat der Senat auf den Weg gebracht, die Kosten werden auf rund 700.000 Euro geschätzt.
Laut Thomas Kleineidam, innenpolitischem Sprecher der SPD-Fraktion, könnte das neue Gesetz bereits Anfang nächsten Jahres in Kraft treten, um Polizisten "in gefährlichen Überprüfungssituationen mehr Sicherheit zu geben". Ein Polizeisprecher bezeichnet die Maßnahme gegenüber der taz als mögliche Abschreckung. Sie sei jedoch "kein Patentrezept".
Konkret ist geplant, alle 340 Berliner Streifenwagen mit einer von außen sichtbaren, nach vorne ausgerichteten Kamera auszustatten. Bei einer Straßenkontrolle stellt sich der Polizeibeamte hinter das herausgewunkene Fahrzeug und schaltet das Gerät ein. Die Kollegen an den Auswertungsstellen der sechs örtlichen Direktionen verfolgen sodann die Kontrolle per Video. Verläuft sie normal, löschen sie die Aufzeichnung.
Polizeigewerkschaft und CDU-Opposition begrüßen den Plan. "Angesichts der niedrigen Hemmschwelle zur Gewaltanwendung" müsse alles getan werden, um die Polizisten zu schützen, sagt Frank Henkel, innenpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion. Seine Partei habe das bereits vor anderthalb Jahren gefordert. Anlass war damals der Fall eines Polizeibeamten, der im März 2006 bei einer Routinekontrolle erschossen wurde.
Die polizeiliche Kriminalstatistik weist für das Jahr 2006 insgesamt 3.369 Fälle auf, in denen Polizisten im Einsatz angegriffen wurden. Die Gewaltbereitschaft ist laut Bericht auf "hohem Niveau" und stieg gegenüber dem Vorjahr um 8,2 Prozent an. Berücksichtigt man jedoch Großveranstaltungen wie die Fußball-WM, bleiben die bereinigten Fallzahlen in etwa konstant, so die Statistik. Gesicherte Erkenntnisse, ob potenzielle Gewalttäter durch die Videokameras von Attacken abgehalten werden, gibt es nach Auskunft des Polizeisprechers nicht, doch "manche schreckt es mit Sicherheit ab".
Die Grünen kritisieren den Einsatz von Kameras. Benedikt Lux, demokratiepolitischer Sprecher der Fraktion, bezeichnet ihn als "unnötig, weil Videoaufnahmen vor Gericht nicht mehr Gewicht haben als die Zeugenaussagen der Polizisten". Das Abschreckungsargument hingegen sei unplausibel. Wer zur Tat entschlossen sei, würde kaum von einer Kamera abgehalten.
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