Polizei ohne Kennzeichnung: Eine richtig große Nummer

Fadenscheinig drückten sich Beamte regelmäßig vor der Kennzeichnungspflicht, klagen die Piraten im Parlament und legen als Beweis Fotos vor.

Mit oder ohne? Polizei im Einsatz gegen Flüchtlinge am Brandenburger Tor. Bild: dpa

Lieber im T-Shirt frieren als eine Nummer auf der Uniform tragen: Berlins Polizisten sind nicht zimperlich, wenn es darum geht, die Kennzeichnungspflicht zu umgehen. Sanktionen hatten sie bislang nicht zu befürchten. Im Gegenteil. Innensenator Frank Henkel (CDU) lieferte ihnen die guten Argumente dazu. Dazu muss man wissen: Henkel und die CDU waren nie Freunde der Kennzeichnungspflicht und mussten diese Kröte bei den Koalitionsverhandlungen mit der SPD schlucken.

Die vom frühere Polizeipräsident Dieter Glietsch erlassene Anweisung zwingt Berlins Polizisten seit dem Sommer 2011, sich individuell zu kennzeichnen. Ausnahmeregelungen gibt es nicht. Bislang hatte sich Henkel auch stets darauf berufen, dass es sich in Fällen, in denen das Kennzeichnungsschild fehlte, nur um logistisch bedingte Fälle gehandelt habe. Die Piraten hatten in den vergangenen Monaten jedoch immer wieder Gegenbeispiele angeführt. Den schlagenden Beweis lieferten sie am Montag mit einer Powerpointpräsentation im Innenausschuss des Parlaments: Längst seien es ganze Einheiten, die selbst bei schwierigen Einsätzen wie der Räumung der Neuköllner Weisestraße 47 im April lediglich in T-Shirts agierten. Auf der sogenannten Sommeroberbekleidung fehlt eine Vorrichtung zum Anbringen der Schilder. Bei warmem Wetter, wenn die Einsatzjacke abgelegt sei, besteht deshalb keine Verpflichtung zum Tragen des Namens oder der Nummer, hatte Henkel auf eine kleine Anfrage der Piraten erklärt. Die Oberbekleidung mit der entsprechenden Vorrichtung auszustatten würde rund 67.000 Euro kosten, haben die Piraten berechnet.

Den Beweis, dass es sich mitnichten um Einzelfälle handelt, dokumentierten die Piraten im Innenausschuss zudem an zwei weiteren Großeinsätzen: der NPD-Kundgebung am Potsdamer Platz Ende Juni und der Walpurgisnacht. Im Unterschied zu ihren Kollegen von der Bundespolizei, die eine Einsatzjacke tragen, sind im ersten Fall Berliner Beamte im T-Shirt zu sehen.

Piraten fordern Regelung

So warm könne es wohl nicht gewesen sein, verwies Fabio Reinhardt, Innenexperte der Piraten, auf die Kleidung der Bundespolizisten. „Zu heiß, zu kalt, zu windig, zu viel Abstand von Demonstranten“ – Reinhardt spricht von vorgeschobenen Gründen. Die Piraten fordern eine gesetzliche Regelung: Abweichungen müssten Sanktionen zur Folge haben.

Innenstaatssekretär Bernd Krömer (CDU) bezeichnete die Fotos als „willkürlich“. 2012, so Krömer, „gab es eine große Zahl von Dienstabtritten, weil die Beamten in den Jacken schwitzen und erheblichen gesundheitlichen Schäden bis zum Kreislaufkollaps ausgesetzt sind“. Der Innenexperte der Linkspartei, Udo Wolf, warf Krömer pampiges Verhalten vor. Er habe keine Lust, sich veralbern zu lassen. Auf den Bildern der Piraten seien mindestens 20 Verstöße gegen die Kennzeichnungspflicht zu sehen.

Die amtierende Polizeipräsidentin Margarete Koppers erklärte, Fotos dieser Art seien ihr neu. Sie werde auswerten lassen, ob disziplinarische Konsequenzen gezogen werden müssten. Ausreden werden 2013 schwieriger: Laut Koppers sei die kennzeichnungsfähige Sommerkleidung bereits bestellt.

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