: Polizei oder Politik
■ Emotionslose Debatte in der Enquete-Kommission Jugendkriminalität
Erstaunlich emotionslos und sachlich verlief gestern abend die Sitzung der „Enquete-Kommission Jugendkriminalität“ der Bürgerschaft. Statt, wie im Vorfeld erwartet, über den Mord an einem Lebensmittelhändler durch zwei 16jährige Jugendliche in Tonndorf, debattierte die Kommission über ihren eigenen Arbeitsplan. Ziel der Arbeitsgruppe ist es, Strategien zum Umgang mit der zunehmenden Gewaltkriminalität Jugendlicher zu entwickeln.
Der Konflikt, ob die Bekämpfung der Jugendkriminalität eine polizeiliche oder eine jugendpolitische Aufgabe ist, spiegelte sich im Streit der Kommissionsmitglieder um die Besetzung eines Arbeitsstabes wider, der ihnen zuarbeiten soll. Drei in der Jugendarbeit tätige Behördenangestellte und zwei Polizisten sollen die Kommission wissenschaftlich unterstützen.
Während zwei KriminologInnen die Überrepräsentanz der Polizei monierten und statt dessen für Vertreter der Jugendgerichtshilfe warben, zeigten sich CDU und SPD höchst zufrieden. „Die Stadt hat aktuell so dringende Probleme, und wir streiten hier über sowas“, schimpfte etwa der CDU-Abgeordnete Klaus-Peter Hesse. Er war es denn auch, der vor dem Hintergrund des Mordes in Tonndorf das Thema „Intensivstraftäter“ ganz oben auf die Rangliste der Themen plazieren wollte – selbstredend unter der Fragestellung, ob für jugendliche Gewalttäter wieder geschlossene Heime eingerichtet werden sollen. Diese Lösung nämlich, so Hesse, sei der von der CDU schon vor Jahren entdeckte „Stein der Weisen“, der endlich umgesetzt werden müsse. Die GAL-Jugendpolitikerin Sabine Steffen warnte indes davor, das Thema Jugendkriminalität wegen des Mordes in Tonndorf derart zu beschränken.
In der Tat scheint sich seit dem Mord am Montag die Diskussion in Hamburg auf die Wiedereinführung geschlossener Erziehungsanstalten zu reduzieren. Täglich melden sich weitere PolitikerInnen mit dieser Forderung zu Wort. Gestern klinkten sich auch Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) und Berlins Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) in die Diskussion ein – natürlich mit gleichlautenden Plädoyers. Geschlossene Heime gibt es in Bayern schon, in Berlin sollen sie wiedereingeführt werden. Elke Spanner
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