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Polizei lockt mit Geld

■ Polizeianwärter müssen künftig weniger können und bekommen mehr Geld / Senat verabschiedet Polizeireform

Obwohl die Polizei mit 1.000 Mark monatlich ein Eingangssalär bietet, nach dem sich jeder Maurer- oder Kaufmannslehrling die Finger schlecken würde, ist die Karriere im grünen Rock nach wie vor unattraktiv. Zu wenige wollen eine Laufbahn bei den Sicherheitskräften beginnen. Rund vierzig Prozent der Bewerber scheitern an den berüchtigten Eingangsdiktaten oder machen beim 2.000-Meter-Lauf schlapp. Um das polizeiliche Defizit von durchschnittlich 800 unbesetzten Stellen zu vermindern, hat der Senat gestern beschlossen, die Eingangsvoraussetzungen erheblich zu mindern. Künftig soll auch Polizeianwärter werden, wer des Deutschen nicht so mächtig ist oder wer ein Stadion nicht fünfmal umrunden kann. Er erhält im ersten Ausbildungsjahr eine großzügige Nachhilfe, und bereits im zweiten soll er ein Beamtensalär kassieren, das um 1.000 Mark über den bisherigen Anwärterbezügen liegt. Zwölf Millionen Mark will sich das Land Berlin diese Vorzugsbehandlung kosten lassen, das ist ein Fünftel der Summe, die gleichzeitig bei den Selbsthilfegruppen eingespart werden soll. Zwar war Innensenator Heckelmann (CDU) aufgegeben worden, die Polizeireform kostenneutral durchzuführen, doch, so rechtfertigte er sich gestern, „für Sicherheit sind Zwölf Millionen nicht zuviel“. Während sich Heckelmann bei der Soldanhebung der Zustimmung der SPD sicher sein kann, wird es um die Reduzierung der Schichtzeiten bei der Polizei noch Auseinandersetzungen geben. Der Landesrechnungshof empfiehlt die Einführung einer Acht-Stunden-Schicht, da dadurch 350 Personalstellen eingespart werden könnten. Doch Heckelmann schreckt, zum Ärger der SPD, aus Rücksicht auf die Personalvertretung und die um ihre Klientel bangenden Sicherheitspolitiker der CDU vor einer Änderung des bestehenden Zwölf- Stunden-Dienstes zurück. Lediglich auf 3 von 48 Abschnitten soll die neue Schichtregelung für ein Jahr erprobt werden. Die SPD hat gestern im Senat der Reform der Polizei zugestimmt, nachdem einige ihrer Forderungen erfüllt wurden. So wird Polizeivizepräsident Dieter Schenk dieses Amt auch weiterhin innehaben. Heckelmann wollte ihn zum Abwesenheitsvertreter von Polizeipräsident Saberschinsky degradieren. Die von diesem geforderte und von der SPD als Wasserkopf abgelehnte Grundsatzabteilung beim Polizeipräsidenten wird zwar eingerichtet, über ihre personelle Ausstattung wird jedoch der Hauptausschuß des Abgeordnetenhauses befinden. Wenig Handhabe hat die SPD allerdings dagegen, daß die CDU ihre Personalvorstellungen im Führungsbereich weiterhin durchsetzt. Innenstaatssekretär Armin Jäger (CDU) bestätigte, daß für die Leitung der Stabsabteilung der bisherige Leiter der geschlossenen Einheiten, Bernd Manthey, und für das Polizeiverwaltungsamt der für Polizeiangelegenheiten zuständigen Mitarbeiter der Innenverwaltung, Axel Buschendorff, im Gespräch ist. Dieter Rulff

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